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Politik: Französische Grüne: Nicht grün genug - und doch an der Spitze

Ihren Rückzug hatte sie vor Monaten angekündigt. Mitte Juli ist es nun soweit.

Ihren Rückzug hatte sie vor Monaten angekündigt. Mitte Juli ist es nun soweit. Dominique Voynet wird als französische Umweltministerin zurücktreten, um den Vorsitz der Grünen zu übernehmen. Bis zu den Parlamentswahlen im kommenden Frühjahr will die jugendlich wirkende Frau die zerstrittenen "Verts" auf eine Linie einschwören. Gelegentlich deutete sie sogar an, die Grünen zur zweitstärksten Kraft des Landes machen zu wollen.

Doch Anspruch und Wirklichkeit klaffen auseinander. Mitte Juni wählte die Partei überraschend den Theoretiker Alain Liepitz zu ihrem Spitzenmann im Rennen um das Elysée, ebenfalls Anfang 2002. Gerechnet hatten die meisten mit einem anderen: dem populären Noël Mamère. Doch der hätte Voynet gefährlich werden können, weil er sich klar von den regierenden Sozialisten abgrenzen will. Dass die Wahl auf den zum Voynet-Flügel gehörenden Liepitz fiel, roch für viele Parteimitglieder nach einem Komplott. Denn in dem Willen zu mehr Eigenständigkeit findet sich die Basis wieder. Die Parteimitglieder beobachteten mit zunehmender Besorgnis, wie sich Voynet zuletzt mehr und mehr den Sozialisten fügte.

In der Tat konnte sie kaum ein grünes Anliegen in der Koalition durchsetzen. Allein, dass der Versuchsreaktor Superphénix dicht gemacht wurde, ist ihr Verdienst. Bei der Ökosteuer knickte sie gegenüber Wirtschaftsminister Laurent Fabius jedoch ein. Und vom Wahlkampfversprechen, einen Teil des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene zu verlegen, spricht heute niemand mehr. Als Makel haftet Voynet auch heute noch an, versagt zu haben, als der Öltanker "Erika" im Dezember 1999 die Bretagne-Küste verpestete. Voynet war damals nicht spontan am Unglücksort erschienen, sondern wiegelte ab.

Weil viele nach ihrer vierjährigen Amtszeit nicht viel Grünes in der Regierungspolitik entdecken konnten, präsentierten ihr die Parteimitglieder vorige Woche die Quittung. Erst im dritten Anlauf sammelte sie auf einer Parteiversammlung bei Paris genügend Stimmen für den Parteivorsitz.

Michael Kläsgen

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