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Migranten sitzen in einem Schlauchboot (Symbolfoto).

© dpa / Olmo Calvo

Geflüchtete vor Libyen zurückgedrängt: Frontex soll tödlichen Pushback vertuscht haben

Immer wieder soll die Grenzschutzagentur vertuscht haben, wenn europäische Küstenwachen Flüchtlinge zurückdrängten. Eine 120-seitige Untersuchung erhebt schwere Vorwürfe.

Die europäische Grenzschutzagentur Frontex hat laut einer EU-Ermittlung immer wieder vertuscht, wenn europäische Küstenwachen Flüchtlinge auf dem Meer zurückdrängten. Bei einem sogenannten Pushback vor der Küste Libyens seien dabei unter den Augen von Frontex-Beamten mehrere Menschen gestorben.

Die EU-Antibetrugsagentur Olaf hat zum Vorgehen von Frontex einen mehr als 120-seitigen Untersuchungsbericht erstellt, den der „Spiegel“ nun gemeinsam mit der Plattform „FragDenStaat“ im Wortlaut veröffentlichte.

Der Bericht erhebt schwere Vorwürfe: Die Ermittler:innen weisen darin nach, dass die damalige Frontex-Führung um Fabrice Leggeri Pushbacks unterstützte und vertuschte. In dem teilweise geschwärzten Dokument heißt es etwa, dass Lageberichte „deutliche Hinweise auf Verstöße gegen die Grundrechte enthielten“.

Mitarbeiter:innen hätten auf Menschenrechtsverletzungen hinweisen wollen, so zum Beispiel im Fall des Pushbacks vor der libyschen Küste. Die Vorgesetzten aber wiesen das zurück und hätten es abgelehnt, die Pushbacks zu untersuchen, wie der „Spiegel“ berichtet.

Das europäische Amt für Betrugsbekämpfung Olaf hat in dem Untersuchungsbericht gründlich gearbeitet. Die Ermittler:innen durchsuchten die Büros der damaligen Frontex-Führung, führten 20 Befragungen, sahen WhatsApp-Nachrichten und E-Mails ein. Der Olaf-Bericht führte im Frühjahr 2022 zum Rücktritt von Frontex-Chef Leggeri.

Es geht um strukturelle Fragen

Über die individuelle Ebene hinaus geht es aber auch um strukturelle Fragen: Weil Frontex die Pushbacks vertuscht und unterstützt, können Geflüchtete von ihrem Recht auf einen Asylantrag keinen Gebrauch machen können.

Pushback-Opfer könnten den ausführlichen Bericht Expert:innen zufolge nutzen, um sich vor Gericht darauf zu berufen. Bis zur Veröffentlichung beim „Spiegel“ war der Bericht allerdings nicht öffentlich zugänglich.

Die Frontex-Operationen im zentralen Mittelmeer werden seit Langem von Menschenrechtler:innen und Politiker:innen kritisiert. Die Route über das zentrale Mittelmeer ist die tödlichste Migrationsroute der Welt. Seit 2014 sind knapp 25.000 Menschen bei der Überfahrt gestorben. (Tsp, epd)

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