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Familie: Frühe Zuwendung hilft dem Gehirn

Die Eltern haben durch eine frühe Förderung große Möglichkeiten, die Lernfähigkeit ihres Kindes zu steigen.

Denn das Gehirn entwickelt sich nachweisbar besser, wenn sich das Kind in einer anregungsreichen Umgebung befindet. Eine zentrale Rolle spielt dabei das Vorlesen und die direkte Ansprache in vollständigen und ruhig auch komplexen Sätzen. Kinder lernen dabei nicht nur neue Worte kennen, vielmehr wird das Gehirn

angeregt, Verknüpfungen zu erstellen. Deshalb sollte es nicht heißen: „Hol’ bitte den Teddy“, sondern „Hol’ bitte den Teddy aus dem Kinderzimmer und leg ihn in deinen Rucksack, damit du ihn im Kindergarten dabei hast“.

Neben der Sprache sind Bewegung und Spiele von zentraler Bedeutung für die Anregung der Hirnentwicklung. Bei einem Kind, das balancieren und hüpfen darf, das mit der Familie Verstecken spielt oder Holztürme baut, entwickelt das Hirn bessere neuronale Netzwerke als bei einem Kind, das sich selbst überlassen bleibt oder gar stundenlang vor dem Fernseher ausharrt, der soziale Interaktion verhindert.

In Tierversuchen konnte zudem gezeigt werden, dass sich das Gehirn des Nachwuchses besser entwickelt, wenn das Muttertier die primären Bedürfnisse nach Beachtung und Berührung erkennt und beantwortet: Kleine Ratten, die zwar gesäugt, ansonsten aber sich selbst überlassen werden, bleiben in der Hirnentwicklung hinter den Artgenossen zurück, deren Muttertier sich um ihren Nachwuchs intensiv kümmert.

Die vierte wichtige Säule für eine gute Entwicklung des Gehirns ist eine entspannte Umgebung. Wenn Eltern sich mit Freude mit ihren Kindern beschäftigen und sich für sie interessieren können, passiert eigentlich automatisch Förderung. „Chaotische und ängstigende Umstände sind sehr ungünstig für die Entwicklung“, sagt Michael von Aster, Leiter der Kinder- und Jugendpsychiatrie am DRK-Klinikum Westend.

Um seiner kindlichen Neugier folgen und dabei lernen zu können, braucht ein Kind eine Bezugsperson, die Sicherheit und Nähe vermitteln kann, eine „sichere Basis“ bietet. Früher Stress kann die Gehirnentwicklung beeinträchtigen und dazu führen, dass es diese Kinder in der Schule später schwerer haben. Stresserleben beim Kind kann aus bedrohlichen Situationen, etwa Gewalterfahrungen, ebenso resultieren, wie aus der inneren Not einer engen Bezugsperson.

So kann sich auch die Situation einer unglücklichen Mutter, die über eine arrangierte Ehe nach Deutschland gekommen ist und sich in ihrer Umgebung nicht verständigen und zurechtfinden kann, ungünstig auf die Entwicklung des Kindes auswirken. Dass sie ihrem Kind dann später mangels Sprache und deutscher Alltagserfahrung kaum in der Schule helfen kann, erschwert die Situation zusätzlich. Aus dieser Gesamtsituation resultierende frühe Misserfolgserfahrungen der Kinder dämpfen ihre Motivation und Antrieb zusätzlich. „Wir haben es oft mit kumulativen Risiken zu tun“, fasst von Aster zusammen. (sve)

Den Haupttext zum Thema Chancenungleichheit "Welche Chancen hat ein Kind in Deutschland?" lesen Sie hier.

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