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Joachim Gauck, Bundespräsident a.D., beliebter denn je.

© dpa/Jens Kalaene

Gauck zu Koalitionen in Ostdeutschland: Der Mann, der mutig an Tabus rührt

Die Union kann etwa in Thüringen zu einem Bündnis gezwungen sein, das man sich seit der Einheit nicht vorstellen konnte: mit der Linkspartei. Altbundespräsident Gauck findet: besser als mit dem BSW.

Stephan-Andreas Casdorff
Ein Zwischenruf von Stephan-Andreas Casdorff

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Immer wieder Joachim Gauck. Was er sagt, wie er es sagt – das bewegt die Menschen. Jetzt auch wieder, wo der frühere Bundespräsident, ein Ostdeutscher, zu den Wahlen in Ostdeutschland im Herbst befragt wird.

Gauck also prophezeit, dass es danach Koalitionen geben wird, die sich keiner wünschen darf, zu denen es aber trotzdem kommen kann. Was er meint: Die Union kann zum Beispiel in Thüringen zu einer Koalition gezwungen sein, die man sich seit der Einheit nicht vorstellen konnte. Und in der CDU bisher nicht mochte.

Aber es hilft ja nichts. Es geht um die wahre Wirklichkeit. Im Hinblick darauf muss sich – trotz noch geltendem Unvereinbarkeitsbeschluss – die CDU fragen, ob es nicht besser wäre, mit einer Linkspartei unter Bodo Ramelow zusammenzugehen als mit einem BSW unter Sahra Wagenknecht. Mit einer AfD sowieso nicht.

Der Grund ist klar. Das BSW, das Positionen von ganz links bis ganz rechts vertritt, ist auf seine Weise auch nur eine AfD: die linksnationale und altsozialistische Alternative.

Dann doch besser die sozialdemokratische Variante der Linken, die Ramelow-Fraktion. Der ist als Ministerpräsident mit Realismus aufgefallen, nicht mit überkommenem Realsozialismus. Keine Experimente!

Es gibt ja gelegentlich schon Zusammenarbeit

Dagegen kann die Merz-CDU eigentlich nichts haben. Oder genauer: nichts mehr haben. Erstens findet Zusammenarbeit immer wieder einmal statt, nur öffentlich nicht so wahrgenommen.

Wie kürzlich in Brandenburg, als Christdemokraten den Bewerber der Linken für das Amt des Antisemitismusbeauftragten mitwählten. Aufgeregt hat sich darüber niemand.

Zum anderen, weil schon Richard von Weizsäcker, Christdemokrat und Bundespräsident der Wendezeit, eine Koalition von CDU und Linkspartei dereinst für möglich hielt, im Sinne der Einheit. Und Weizsäcker ist einer, den Friedrich Merz noch kennt, den die Merz-CDU auch in Ehren hält.

Aber zur Not gibt es immer noch Joachim Gauck. Der sich was traut und an Tabus rührt, wo es nötig ist, weil jeder und jede sehen kann, dass sie nicht halten werden.

Und wer das tut, wohlbegründet, ohne sich zu verleugnen, wird gehört.

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