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Politik: Geiseln auf Jolo: Libyen wirbt um besseres Ansehen - Schlüsselrolle bei Verhandlungen mit den Kidnappern

Einst hatte der "Heilsbote" aus der libyschen Wüste, Revolutionsführer Muammar Gaddafi, es als seine "heilige Pflicht" erachtet, Moslems gegen Nicht-Moslems, allen voran gegen die "westlichen Imperialisten", zu verteidigen. Wer immer sich nach Freiheit vom "westlichen Joch" sehnte, fand bei Libyens Führer großzügige Unterstützung.

Einst hatte der "Heilsbote" aus der libyschen Wüste, Revolutionsführer Muammar Gaddafi, es als seine "heilige Pflicht" erachtet, Moslems gegen Nicht-Moslems, allen voran gegen die "westlichen Imperialisten", zu verteidigen. Wer immer sich nach Freiheit vom "westlichen Joch" sehnte, fand bei Libyens Führer großzügige Unterstützung. In den 70er und 80er Jahren ermöglichte Gaddafi Extremisten in aller Welt Training für den Guerillakampf und stattete sie mit Waffen aus, von der nordirischen IRA bis zu der "Moro islamischen Befreiungsfront" (MILF), die auf den Südphilippinen einen islamischen Staat errichten will.

Die alten Kontakte mit der MILF ermöglichen Gaddafi nun in der Geiselaffäre auf den Philippinen eine einzigartige Vermittlerrolle. Ein libysches Charterflugzeug soll heute die 14 seit April festgehaltenen Geiseln, darunter zwei Deutsche, nach Libyen fliegen, wo sie der Staatschef ihren Regierungen übergeben will. Gaddafis Sohn Seif al-Islam spielte bei den Verhandlungen eine zentrale Rolle. Für den so lange von der internationalen Gemeinschaft ausgestoßenen Libyer bietet die Vermittlungsaktion eine willkommene Chance, Respektabilität auf der Weltbühne zu gewinnen. Mehr als zwei Jahrzehnte versuchte der feurige Oberst mit Panarabismus und seiner Ideologie des dritten Weges zwischen Sozialismus und Kapitalismus internationale Bedeutung zu gewinnen. Seine Unterstützung palästinensischer und anderer Terroristen machten ihn in den 80er Jahren zum Buhmann des Westens.

Siebenjährige internationale Sanktionen - im Vorjahr suspendiert - haben Gaddafi aber gezähmt. Zudem verstand es der Libyer, aus den drastischen weltpolitischen Veränderungen seit dem Zusammenbruch des Kommunismus Konsequenzen zu ziehen. Er begriff, dass die Waffe des Terrors stumpf geworden ist, dass er durch Revolution und Rebellion zur Bedeutungslosigkeit verdammt wäre. Deshalb versucht es Gaddafi nun mit Diplomatie und Friedenspolitik, insbesondere in Afrika. Die Lösung der Geiselaffäre auf den Philippinen erscheint da hervorragend geeignet, Gaddafis neues Image als Friedensstifter, der dem Terror abschwört, Glaubwürdigkeit zu verschaffen.

Birgit Cerha

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