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Evangelische Kirche: Glaube mit Struktur
Heinrich Bedford-Strohm geht, und die EKD sucht eine neue Spitze. Wo liegen die Herausforderungen? Ein Kommentar.

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Und nun geht er, Heinrich Bedford-Strohm, der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, kurz EKD. Nun, nicht sofort, aber doch in einem Jahr. Bedford-Strohm, 60, strebt keine Wiederwahl an. Nicht alle in der Kirche sind darüber traurig . Zuletzt hat die Kritik am bayerischen Landesbischof zugenommen, weniger in der Führung um ihn herum, die ohnehin nicht dafür bekannt ist, zu offener Kritik zu neigen, vielmehr unter den Mitgliedern. Deren Zahl ist auch unter Bedford-Strohm rasant gesunken.
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Ihm allerdings dafür die Schuld zuzuweisen, wäre verfehlt. Ja, der scheidende EKD-Chef hat mit mancherlei politischer Aktion die konservativeren unter den Mitgliedern nicht wirklich mitgenommen. Zum Beispiel in der Migrationsfrage, und da nicht zuletzt mit dem Kauf eines Schiffes, um im Mittelmeer Flüchtende aufzunehmen. Das ist eine bemerkenswerte humanitäre Tat, die Christen aus ihrem Selbstverständnis heraus allzu mal gut ansteht. Aber es ist auch ein politisches Statement, und war als solches durchaus (mit-)gedacht.
Ob alle Folgen und alle Herausforderungen, die damit einhergehen, mitbedacht worden sind, war auch im Rat der EKD ein Thema; tatsächlich hier und da mit deutlicher kritischem Ton. Einerlei, das Schiff ist da und tut seinen Dienst.
Kurzer Dienstweg zu den Katholiken
Die Ökumene, ein weiteres wichtiges Thema für Bedford-Strohm, ist nicht so recht vorangekommen. Das persönlich sehr gute Verhältnis zum bisherigen Vorsitzenden der katholischen deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, hat das nicht grundlegend ändern können. Nun ist Marx auch noch weg, oder anders: schon weg. Der Dienstweg zwischen beiden war kurz: Sie sind Bischöfe in München (bleiben das auch und wichtig in ihren jeweiligen Landeskirchen).
Marx’ Nachfolger Georg Bätzing sitzt als Bischof in Limburg, das ist weiter entfernt; und möglicherweise gibt es außerdem eine neue Distanz durch die Haltung der evangelischen Kirche zum assistierten Suizid. In dessen Ablehnung glaubten sich die Katholiken einig mit den Protestanten. Doch hat der EKD-Bevollmächtigte in Berlin, Prälat Martin Dutzmann, Irritationen ausgelöst, die von Bedford- Strohm als Ratsvorsitzender und Vorgesetzter nicht aufgelöst worden sind.
Über die Nachfolge wird in den kommenden Monaten erst noch beraten werden müssen, Frau oder Mann, und über das Anforderungsprofil. Dazu wird zählen, sich mit den Strukturen der evangelischen Kirche angesichts sinkender Gläubigenzahlen auseinander zu setzen. Kein einfaches Geschäft. Zugewandtheit im Umgang, politische und konzeptionelle Gewandtheit kommen hinzu – das muss sich erst einmal eine oder einer trauen. Vom Zutrauen der anderen vorerst zu schweigen.
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