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Politik: Gutes Geld für bessere Dienste

TARIFEINIGUNG

Von Alfons Frese

Der Tarifkonflikt im öffentlichen Dienst ist gut ausgegangen. Wer glaubt, eine Zuspitzung der Auseinandersetzung im Arbeitskampf wäre für die Arbeitgeber – und damit für die Steuerzahler – billiger gekommen, der irrt. Denn jeder Streiktag verteuert den Kompromiss, weil mit jedem Tag die Erwartungen der Streikenden steigen. Dabei ist der Potsdamer Abschluss teuer genug. Die öffentlichen Defizite sind so groß, dass kein Geld für höhere Löhne da ist. Und wenn es doch da sein muss, dann wird es woanders zusammengekratzt: bei den öffentlichen Leistungen, bei Investitionen, bei Arbeitsplätzen.

Deshalb wird dieser Tarifabschluss Arbeitsplätze kosten, weil die Arbeitskosten steigen, vor allem in den neuen Ländern. Und dieser Tarifabschluss macht den Stadtkämmerern und Finanzministern das Leben schwerer. Hans Eichel wird zaubern müssen, wenn er das DreiProzent-Defizitkriterium der EU schaffen will. Die Not Eichels und anderer Finanzpolitiker ist zwar zum größten Teil selbst verschuldet. Trotzdem müssen die Arbeitnehmer mit ihren Ansprüchen Rücksicht nehmen auf die finanziellen Möglichkeiten ihrer Arbeitgeber.

Das ist passiert. Dieser Abschluss ist angemessen, weil er wie jeder vernünftige Tarif die Interessen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern ausbalanciert. Verdi- Chef Frank Bsirske hat sein Ziel von drei Prozent zwar verfehlt, aber doch ein paar ordentliche Lohnprozente für seine Mitglieder herausgeholt. Das ist sein Job: Bsirske vertritt die Interessen der Verdi- Mitglieder; eine gesamtgesellschaftliche Strategie gegen die Arbeitslosigkeit oder zur Finanzierung öffentlicher Haushalte darf man von ihm und den Gewerkschaften nicht erwarten.

Für die Arbeitgeber hätte es in Potsdam schlimmer kommen können. Zum Beispiel dann, wenn der Schlichterspruch vom vergangenen Sonntag umgesetzt worden wäre. Doch in den Verhandlungen haben sich die Tarifpartner nochmal um ein paar hundert Millionen Euro angenähert, der jetzt beschlossene Vertrag kostet im Jahr rund 400 Millionen Euro weniger als der Schlichterspruch.

Die Tarifeinigung ist sozial ausgewogen, weil die etwas besseren Einkommen etwas später erhöht werden als die unteren Lohngruppen. Auch in Ostdeutschland, wo spätestens 2009 Beschäftige den gleichen Lohn erhalten werden wie ihre West-Kollegen. Für die Arbeitgeber wird das ein Kraftakt, für die Arbeitnehmer steht endlich ein Datum fest, an dem die Teilung des Landes noch einmal überwunden wird.

In den kommenden zwei Jahren gibt es keinen Tarifstreit im öffentlichen Dienst – das ist wunderbar, und Arbeitgeber wie Arbeitnehmer wissen damit über einen ziemlich langen Zeitraum, was auf sie zukommt. Dazu gehört auch eine Neugestaltung des Tarifrechts. Neben den Lohnprozenten und der Ostangleichung ist dies das wichtigste Ergebnis von Potsdam: Das öffentliche Tarifrecht, geprägt vom monströsen Bundesangestelltentarif (BAT), soll eine neue Struktur bekommen. Damit künftig den unterschiedlichen Bedürfnissen von Flughäfen, Krankenhäusern oder Verwaltungen auch unterschiedlich entsprochen werden kann. Angestrebt wird ferner eine Vereinfachung des BAT und die Einführung von Leistungsanreizen. Grob gesagt: Warum sollte sich ein Arbeitnehmer am Arbeitsplatz übermäßig engagieren, wenn sich seine Bezahlung an der Zahl seiner Dienstjahre und Kinder orientiert? Dieses System hat sich überlebt und gewiss nicht zur Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes beigetragen. Die Bürger, die den öffentlichen Sektor finanzieren, haben Anspruch auf gute Dienstleistungen. Wenn der Potsdamer Abschluss dazu beiträgt, dann ist er sein Geld wert.

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