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Stimmzettel-Affäre: Hamburgs SPD-Vorstand tritt zurück

Der Landesvorstand der Hamburger SPD ist geschlossen zurückgetreten. Das Gremium zog damit die Konsequenzen aus der gescheiterten Mitgliederbefragung zur Spitzenkandidatur bei der Bürgerschaftswahl 2008.

Hamburg - SPD-Landeschef Mathias Petersen sagte nach einer rund achtstündigen Krisensitzung am frühen Morgen: "Der Landesvorstand übernimmt die politische Verantwortung und tritt geschlossen zurück." Für den 24. März werde ein Landesparteitag einberufen, auf dem ein Bürgermeisterkandidat nominiert und ein neuer Vorstand gewählt werden soll. Bis dahin bleibe der alte Vorstand kommissarisch im Amt. Der als Krisenmanager von Berlin nach Hamburg gereiste SPD-Generalsekretär Hubertus Heil betonte, die Hamburger SPD habe ihre Handlungsfähigkeit unter Beweis gestellt. Der SPD-Bundesvorsitzende Kurt Beck wollte sich zu den Vorgängen nicht äußern.

Bei der Mitgliederbefragung am vergangenen Sonntag waren knapp 1000 Stimmen spurlos verschwunden. Die SPD-Mitglieder sollten entscheiden, wer gegen CDU-Bürgermeister Ole von Beust bei der Bürgerschaftswahl 2008 antritt - Petersen oder seine Stellvertreterin Dorothee Stapelfeldt. Ob einer der beiden sich noch einmal der parteiinternen Wahl stellen wird, wurde nicht beantwortet. "Ich möchte da niemandem auf die Füße treten, es ist alles schon schlimm genug", sagte der Bundestagsabgeordnete und Kreisvorsitzende der SPD Hamburg-Mitte, Johannes Kahrs. Dem Vorstandsbeschluss zufolge werden Landesvorstand und die Kreisvorsitzenden einen gemeinsamen Vorschlag machen. "Geben Sie uns ein, zwei Tage Zeit", sagte Kahrs.

Hamburger CDU-Chef: Beschädigung der Demokratie droht

Der Hamburger CDU-Vorsitzende Dirk Fischer wertete den Rücktritt des SPD-Vorstands als konsequent. "Für die Geschehnisse muss unabhängig vom persönlichen Verschulden die politische Verantwortung übernommen werden", sagte Fischer. Der Fraktionschef der Hamburger CDU, Bernd Reinert, betonte, die Vorgänge schadeten nicht nur der SPD, sie drohten auch die Demokratie insgesamt zu beschädigen.

Heil betonte, er sei froh, "dass der Landesvorstand in dieser schwierigen Situation in der Krise die Kraft hatte, zu einem einstimmigen Beschluss zu kommen". Der Landesparteitag sei einberufen, es würden politische Konsequenzen gezogen und Verantwortung übernommen. Er betonte, dass die Hamburger SPD ihre Entscheidung aus eigener Kraft und ohne Zutun der Bundes-SPD gefällt habe. Vor Beginn der Sitzung hatte Heil gesagt: "Ich kann die Wut, ich kann auch die Empörung der Mitglieder gut verstehen. Ich teile diese Gefühle", sagte er.

Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Stapelfeldt sagte: "Es war nicht einfach, aber ich möchte betonen, dass ich es für ganz positiv halte, dass wir am Ende einen gemeinsamen Weg für uns gefunden haben, die SPD in Hamburg wieder aus dieser schwierigen Situation herauszuführen."

Vorstand hielt Petersen für nicht mehr tragbar

Die SPD Hamburg befindet sich seit Wochen in einer schweren Krise. Bereits vor der Mitgliederbefragung hatte der Vorstand Parteichef Petersen wegen dessen Verhalten mehrheitlich sein Misstrauen ausgesprochen. Er hatte nach Ansicht der Kritiker unter anderem einsame Personalentscheidungen getroffen und Meinungen vertreten, die ihn als SPD-Spitzenkandidat nicht mehr tragbar erscheinen ließen. So hatte er gefordert, Namen und Daten von Sexualstraftätern im Internet veröffentlichen zu wollen. Auch auf Grund dieser Vorkommnisse hatte Stapelfeldt ihren Hut in den Ring geworfen.

Die Krise hat nach Angaben von Parteisprecher Bülent Ciftlik unterdessen zu vielen Reaktionen der Mitglieder geführt. Es habe aber nur sehr wenige Austritte unter den rund 11.500 Mitgliedern gegeben, sagte er am Mittwoch. "Die Genossen sind deutlich in der Wortwahl, aber auch angemessen."

(tso/dpa)

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