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Politik: Helfen, weil Krieg ist

Bei der Linderung der Not soll Berlin eine Schlüsselrolle spielen – mit Zustimmung der Amerikaner

Von Hans Monath

Obwohl der Krieg das Verhältnis zwischen Washington und Berlin schwer belastet, gibt es doch Themen der Irak-Politik, bei denen Amerikaner und Deutsche an einem Strang ziehen: Bei der Organisation der humanitären Hilfe für die Bevölkerung des Landes unter den Bedingungen des Krieges kommt der deutschen UN-Vertretung in New York eine Schlüsselrolle zu. Wie alle anderen Mitglieder des Sicherheitsrates unterstützte auch der US-Botschafter bei den UN, John Negroponte, die Bemühungen der Deutschen um ein Konzept, das auf dem „Oil for food“-Programm der Vereinten Nationen aufbaut und vom Sicherheitsrat möglichst bald in Form einer Resolution verabschiedet werden soll.

Generalsekretär Kofi Annan hatte dem Sicherheitsrat vorgeschlagen, das mit Kriegsbeginn abgebrochene Hilfsprogramm in neuer Form wieder aufzunehmen, um die Not der Menschen zu lindern. Deutschland leitet seit Jahresanfang den UN-Sanktionsausschuss, dem es auch früher schon vorgestanden hatte. Lange vor dem Irak-Krieg hatten die Berliner UN-Vertreter dazu beigetragen, das starre Sanktionsregime, das vor allem die Zivilbevölkerung des Iraks traf, zugunsten so genannter „smart sanctions“ („differenzierterer Sanktionen“) zu verändern. Im „Oil for food“-Programm wurden Einnahmen aus irakischer Ölförderung unter Kontrolle der UN für Lebensmittel und Hilfsgüter ausgegeben. Gegenwärtig sind Güter im Wert von rund neun Milliarden Dollar genehmigt und bestellt, aber noch nicht weitergeleitet. Vor allem die Verteilung unter Kriegsbedingungen gilt als Problem. Auch soll den irakischen Flüchtlingen in den Nachbarländern mit den UN-Mitteln geholfen werden sowie die Trinkwasserversorgung sichergestellt werden.

Mit der humanitären Hilfe für die Bewohner des Kriegslandes befasst sich auch der im Auswärtigen Amt eingerichtete Sonderstab Irak, der am Montag unter Leitung von Außenminister Joschka Fischer tagte. Zwar bestätigt der Sprecher des Außenministeriums, Walter Lindner, dass der Sonderstab sich mit allen Aspekten des Irak-Konflikts befasst. Fast panisch aber dementierte man am Wochenende Berichte, wonach der Sonderstab auch schon den Wiederaufbau des Landes plane oder gar die Beteiligung deutscher Soldaten an der Sicherung einer Nachkriegsordnung etwa durch einen Blauhelmeinsatz überlegt worden sei. Es gehe bei der Arbeit des Sonderstabs vor allem um humanitäre Hilfe und Handlungsmöglichkeiten innerhalb der UN, heißt es im Auswärtigen Amt. Für Überlegungen zum Wiederaufbau des Iraks sei es viel zu früh: „Alles Weitere wird entschieden, wenn es ansteht.“

Freilich dürfte ein Sonderstab, der nicht auch schon Bedingungen und politische Chancen eines Wiederaufbaus erforscht, seinen Aufgaben zur Auslotung von Handlungsmöglichkeiten und Vorbereitung kommender Entscheidungen nur bedingt gerecht werden. Aus den Reihen der Koalition haben bislang freilich nur solche Politiker die Beteiligung deutscher Soldaten gefordert, die wie Reinhold Robbe und Hans-Ulrich Klose auch die harte Opposition der Bundesregierung gegen den US–Kriegskurs kritisiert hatten und nun auf diesem Weg eine Annäherung Berlins an Washington erhoffen.

Bei der Planung der Bundesregierung für humanitäre Hilfe und den Überlegungen zum Wiederaufbau spielt auch die Frage einer künftigen Weltordnung eine wichtige Rolle: Rot-grüne Außenpolitiker wollen auf diese Weise den Vereinten Nationen wieder die entscheidende Rolle für die Nachkriegsordnung übertragen und so den Anspruch einer „multipolaren Weltordnung“ stärken. Schon bei seiner ersten Aussage zur humanitären Hilfe für den Irak hatte Kanzler Schröder auf die Vereinten Nationen verwiesen.

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