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Politik: In Berlin tagt die Interparlamentarische Union - und wünscht weiterreichende Kompetenzen und Aufgaben

Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) spricht sich für einen stärkeren Einfluss der nationalen Parlamente auf internationaler Ebene aus. Am Rande der 102.

Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) spricht sich für einen stärkeren Einfluss der nationalen Parlamente auf internationaler Ebene aus. Am Rande der 102. Tagung der Interparlamentarischen Union (IPU) forderte er am Dienstag im Gespräch mit dem Tagesspiegel, der IPU größere und gewichtigere Aufgaben zu übertragen. Die IPU sei die weltweit größte Organisation von Parlamentariern und müsse sich in Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen insbesondere bei regionalen Konflikten verstärkt um Lösungen bemühen.

Thierse begrüßte, dass die IPU im Begriff sei, der "parlamentarische Arm der Vereinten Nationen zu werden". Im Rahmen einer längst überfälligen Reform der Vereinten Nationen müsse auch den Parlamentariern eine neue institutionelle Grundlage gegeben werden. Dazu sei es notwendig, den Beschlüssen der IPU verbindlichen Charakter zuzusprechen; dies könne allerdings nur schrittweise geschehen: "Vorläufig denkt jedoch kein Staat und kein Parlament daran, tatsächlich einen Teil der nationalen Souveränität aufzugeben."

Zugleich sprach sich der Bundestagspräsident gegen eine Lockerung des UN-Embargos gegenüber Irak aus. Solange Bagdad internationale Abkommen nicht ein- und mehr als 800 Kriegsgefangene festhalte, könne der Westen einer Lockerung oder gar Aufhebung des Embargos nicht zustimmen. Zuvor hatte Iraks Delegation einen Antrag auf Aufhebung des Embargos eingebracht.

Das 102. IPU-Treffen war am Sonntag durch Bundespräsident Johannes Rau (SPD) und Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) in Berlin eröffnet worden. Mit Blick auf die Tagung warnte der Bundespräsident davor, jene Delegierte auszugrenzen, deren Regierungen nicht dem westlichen Demokratieverständnis entsprechen. "Wir müssen sie überzeugen und zurückholen, denn Demokratie braucht alle", unterstrich Rau. Die Konferenz ist mit 1470 Delegierten aus 138 Ländern das bislang größte Treffen. Zum Tagungspräsidenten wurde am Montag Wolfgang Thierse gewählt.

Zentrale Themen sind unter anderem die Entsendung einer UN-Schutztruppe nach Ost-Timor und der künftige Status der Falkland-Inseln. Die Konferenz dauert bis zum 16. Oktober.

Zuletzt tagten die internationalen Parlamentarier 1980 im damals noch geteilten Berlin auf Einladung der DDR-Volkskammer. Die IPU wurde 1889 gegründet und hat ihren Sitz in Genf. Beschlüsse der IPU haben keinen verbindlichen Charakter. Die Konferenzen dienen in erster Linie dem Meinungsaustausch über aktuelle Grundsatzfragen.

Henny Ruf, Alexander Griess

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