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Politik: Israel in der Regierungskrise: Außenminister Levy lässt Barak im Stich

Israels Außenminister David Levy ist am Dienstag wegen grundsätzlicher Differenzen mit Ministerpräsident Ehud Barak über dessen Friedenspolitik und dessen Führungsstil zurückgetreten. Die Knesset beschloss grundsätzlich ihre Auflösung und die Abhaltung vorzeitiger Neuwahlen, doch wird die endgültige Verabschiedung der entsprechenden Gesetze wohl erst in diesem Herbst erfolgen.

Israels Außenminister David Levy ist am Dienstag wegen grundsätzlicher Differenzen mit Ministerpräsident Ehud Barak über dessen Friedenspolitik und dessen Führungsstil zurückgetreten. Die Knesset beschloss grundsätzlich ihre Auflösung und die Abhaltung vorzeitiger Neuwahlen, doch wird die endgültige Verabschiedung der entsprechenden Gesetze wohl erst in diesem Herbst erfolgen.

"Bedauerlich, aber erwartungsgemäß", so kommentierte Ehud Barak den Rücktritt seines Außenministers David Levy. Bedauerlich, weil Barak damit nur noch die Hälfte seiner ursprünglich 22 Minister zur Seite stehen; erwartungsgemäß, weil Levy beleidigt war, nachdem ihn Barak nicht über die geheimen Verhandlungen mit den Palästinensern informiert hatte, und weil Levy die von Barak in Camp David gegenüber Jassir Arafat gemachten territorialen Zugeständnisse nicht akzeptierte.

Oppositionschef Ariel Scharon bot den Brüdern David und Maxim Levy an, wieder in den nationalkonservativen Likud zurückzukehren, ihre ideologische Heimat. Noch steht die Antwort der Beiden aus, immerhin aber reden sie nun nach fast einjährigem Streit über ein Verbleiben in der Koalition erstmals wieder miteinander. Die Gebrüder Levy stimmten insgesamt fünf Oppositionsanträgen zu mit dem Ziel der Parlamentsauflösung und vorzeitiger Neuwahlen. Alle Anträge vermochten nach der vorberatenden Grundsatzdebatte - einem israelischen Parlaments-Unikum - deutliche Mehrheiten auf sich zu vereinigen: Vier erzielten gar jeweils die absolute Mehrheit von 61 Stimmen. Diese wird in den drei Lesungen notwendig sein, um die entsprechenden Gesetze zu verabschieden.

Allerdings werden diese entscheidenden Abstimmungen mit großer Wahrscheinlichkeit erst im Oktober stattfinden, nachdem die Knesset aus den Parlamentsferien zurückgekehrt ist, die sie gestern Mittwoch antrat. Die Opposition droht zwar mit der Einberufung des Parlamentes zu einer Sondersitzung für den Fall, dass sich 61 Abgeordnete finden, die einem Misstrauensantrag gegen die Regierung zustimmen und so diese zu Fall bringen. Doch da viele Abgeordnete in den Ferien sind, ergeben sich für diesen Fall nicht zuletzt logistische Schwierigkeiten.

Ehud Barak steht demnach eine fast dreimonatige "Gnadenfrist" - so die Tageszeitung "Haarez" - zur Verfügung, um eine neue Regierung zu bilden, die sich auf eine sichere parlamentarische Mehrheit abstützt. Doch seine Erfolgschancen werden allgemein als nicht sehr groß angesehen, weil sich in den letzten Wochen ein stabiler rechts-religiöser Oppositionsblock gebildet hat.

Dieser setzt sich aus den bisherigen rechtsnationalen Oppositionsparteien und den drei aus der Regierung ausgetretenen Parteien Nationalreligiöse, ethnisch-religiöse Shas und Aliya-Einwandererpartei zusammen. Diesem Block ist es am Montag sogar gelungen, den Außenseiter Moshe Katzav gegen den haushohen Favoriten Schimon Peres zum neuen Staatspräsidenten zu wählen.

Noch dringender allerdings sind die Verhandlungen mit den Palästinensern über ein Rahmenabkommen grundsätzlicher Natur. Dies bestätigten auch Baraks Vertrauensleute unter Hinweis auf die von den Palästinensern geplante Ausrufung ihres eigenen Staates am 13. September oder einige Wochen später. Doch für ein solches Abkommen findet sich - zumindest derzeit und wohl auch in absehbarer Zukunft - keine parlamentarische Mehrheit in der Knesset.

Das Gesetz über eine Volksbefragung über Abkommen, die Gebietsverzichte von israelischer Seite beeinhalten, ist noch nicht verabschiedet. Daher würde Barak im Falle erfolgreicher Verhandlungen mit den Palästinensern selbst Neuwahlen anstreben müssen und diese zum Plebiszit über seine Friedenspolitik und das Abkommen erklären. CHARLES A. LANDSMANN

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