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SPD-Parteitag: Ist denn schon Wahlkampf?

"Alle sind froh, wenn dieser Parteitag endlich vorbei ist", sagt CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla mit Blick auf den SPD-Parteitag, der am Freitag in Hamburg beginnt. Seit Tagen herrscht zwischen Union und SPD ein Ton fast wie im Wahlkampf.

Vor allem von SPD-Chef Kurt Beck fühlt sich die Union provoziert. Einen Sittenverfall in der Koalition hatte Beck beklagt, weil die Union angeblich alle Erfolge der Koalition für sich reklamiere. Führende Unions-Leute hielten der SPD im Gegenzug vor, sich nicht mit den Erfolgen der Koalition zu identifizieren. Die SPD sei auf dem Weg, eine erfolgreiche Reform "in einer Rolle rückwärts wieder selber einzureißen", sagte die neue CSU-Generalsekretärin Christine Haderthauer.

Union verteigt Müntefering

Die Union findet sich zugleich in der seltsamen Rolle wieder, den als Stabilitätsanker der Koalition geltenden Vizekanzler Franz Müntefering (SPD) zu verteidigen. Dieser hatte im Streit um das Arbeitslosengeld I mit Beck den Kürzeren gezogen. "Die SPD führt da schon eine lustige Operette auf. Sie murkst selbst Franz Müntefering, ihren eigenen Vizekanzler, ab und macht der Union Vorwürfe, dass sie das Koalitionsklima vergiftet", erregte sich CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer. Pofalla nannte es "bemerkenswert, wie die SPD ihre eigenen Minister düpiert". Pofalla hat aber keine Zweifel, dass Müntefering Vizekanzler bleibt.

CSU-Chef Erwin Huber gab sich etwas gelassener und sprach von "üblichem Getöse vor einem SPD-Parteitag". Beck wolle offenbar die eigenen Reihen schließen, "indem er der Union etwas Abwegiges unterstellt". Huber versuchte zugleich, den Anteil der "Agenda 2010" an den wirtschaftlichen Erfolgen herunterzuspielen. Die "Agenda" habe daran einen "geringen Anteil". "Es sind die Schritte der Regierung Merkel, die Deutschland vorangebracht haben".

Uneinigkeit herrscht überall

Nicht nur die SPD-Pläne zum Arbeitslosengeld I sorgen aktuell für Zündstoff in der Koalition. Bei den Themen Erbschaftssteuer und Mindestlohn für Briefdienstleister gibt es ebenfalls Reibereien.

Der Streit in der SPD verdeckt im Übrigen die Unstimmigkeiten, die auch in der Union in der Frage des ALG I herrschen. Die SPD-Debatte hat unerwartet den umstrittenen Beschluss des Dresdner CDU-Parteitages 2006 zurück auf die Tagesordnung gebracht. Das ALG I soll demnach in Abhängigkeit von der Beitragsdauer länger gezahlt werden. Um Mehrkosten zu vermeiden, soll bei Jüngeren gekürzt werden. CSU-Landesgruppenchef Ramsauer hält Kostenneutralität für schwer möglich. Pofalla erinnerte im Gegenzug daran, dass dies so im Regierungsprogramm der Union festgelegt worden sei.

Landtagswahlen nahen

Viele Christdemokraten haben in Dresden zudem nur dem ALG-I-Antrag zugestimmt, weil zugleich die Positionen der CDU zu Arbeitsmarktreformen wie die Lockerung des Kündigungsschutzes bekräftigt wurden. Ein Junktim sieht Pofalla hier nicht. Beide Beschlüsse seien formal eigenständig, sagte der CDU-Generalsekretär.

Nach dem SPD-Parteitag werden sich die Spitzen der Koalition am 4. November im Kanzleramt wieder direkt in die Augen schauen und beraten, wie zusammen weiterregiert werden soll. Ob dann Ruhe in die Koalition einkehrt, bleibt abzuwarten. In drei Monaten werden in Hessen und Niedersachsen neue Landtage gewählt, einen Monat später folgt die Hamburger Bürgerschaftswahl.      

Stefan Uhlmann[ddp]

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