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Im Gefängnis. Von Zumas einstiger Macht ist nichts geblieben.

© Shiraaz Mohamed/dpa

Jacob Zuma im Gefängnis: Der tiefe Sturz eines Präsidenten

Tagelang bot Südafrikas frühereres Staatsoberhaupt Jacob Zuma ein jämmerliches Schauspiel. Jetzt tritt er seine Haftstrafe an.

Für dramatische politische Szenen ist Südafrika bekannt: Nelson Mandelas Gang aus dem Gefängnis mit ausgestreckter rechter Faust; der Angriff rechter Weißer auf das Gebäude der Verfassungsgespräche mit einem Panzerfahrzeug; und schließlich die gewaltigen Menschenschlangen vor den Wahllokalen bei der ersten demokratischen Abstimmung. In den vergangenen Tagen erlebte der 27 Jahre junge Staat noch ein weiteres filmreifes Drama.

Tagelang gab es ein Tauziehen um den Haftantritt des ehemaligen Präsidenten Jacob Zuma, den Südafrikas Verfassungsgericht vor zwei Wochen zu 15 Monaten Haft verurteilt hatte. Zuma versuchte, sich auch diesem höchstrichterlichen Bescheid mit der ihm eigenen Mischung aus Trotz, Effekthascherei und verzweifelten juristischen Winkelzügen zu entziehen. Doch am Mittwoch lenkte er ein.

Statt es auf eine erniedrigende und von TV-Kameras gefilmte Verhaftung ankommen zu lassen, ließ sich der 79-Jährige in letzter Minute in einem Fahrzeug-Konvoi von seinem Landsitz in Nkandla zur nahe gelegenen Polizeistation in Estcourt chauffieren. Dort wurde er der üblichen Aufnahmeprozedur unterzogen.

Anhänger hatten sich vor Zumas Landsitz versammelt

Zuvor hatten sich Hunderte von Anhängern des ehemaligen ANC-Präsidenten mehrere Tage lang vor seinem Landsitz versammelt, um den Politiker mit einem „human shield“ vor der Verhaftung zu schützen. Zum warnte für den Fall seiner Festnahme pathetisch vor einem „zweiten Marikana“. In dem Bergarbeiterstädtchen hatte die Polizei vor neun Jahren in einem Massaker 34 streikende Bergarbeiter erschossen. Obwohl die vor Zumas Landsitz versammelte Menschenmenge gegen zahlreiche Gesetze und Covid-Regeln verstieß, schritt die Polizei nicht ein.

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Am letzten Tag des vom Verfassungsgericht gestellten Ultimatums für den Haftantritt Zumas war die Menschenmenge allerdings bis auf wenige Dutzend Hardliner zusammengeschrumpft, unter ihnen Zumas Sohn Edward, der sich in betrunkenem Zustand eins aufs andere Mal bereiterklärte, für die Freiheit seines Vaters zu sterben. Der Verlauf des ohne einen Paukenschlag zu Ende gehenden Dramas machte das Angebot des Sohnes hinfällig.

Sein Anwalt versuchte es bis zuletzt mit Winkelzügen

Zumas Anwalt wollte mit juristischen Winkelzügen noch in letzter Minute einen Aufschub des Haftbefehls erwirken, blieb allerdings erfolglos. Die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit war vor allem auf das Verhalten der Polizei gerichtet, deren Führung zum großen Teil noch von Zuma eingesetzt worden war – sowie auf den regierenden Afrikanischen Nationalkongress (ANC), in dessen Reihen der Ex-Präsident noch bis zuletzt mit Unterstützung rechnen konnte.

Schließlich stellte sich jedoch heraus, dass der gegenwärtige Präsident Cyril Ramaphosa bei der allmählichen Entmachtung Zumas ganze Arbeit geleistet hatte.

In einer ungewöhnlich eindeutigen Erklärung gab der Nationale Exekutivrat (NEC), das höchste Gremium des ANC, am Mittwoch seine „uneingeschränkte Unterstützung des Rechtsstaats“ bekannt und bestand darauf, dass „die Interessen eines Individuums niemals den Interessen unserer Demokratie oder unserer Nation übergeordnet werden dürften“. Ein derart klares Bekenntnis zur Demokratie und zum Rechtsstaat war von der seit 27 Jahren regierenden Partei Nelson Mandelas schon lange nicht mehr zu hören gewesen.

Zuma drohen noch weitere Verfahren

Zuma landete jetzt wegen einer Lappalie im Gefängnis, zumindest gemessen an den Straftaten, die dem Ex-Präsidenten vorgeworfen werden. Das Verfassungsgericht verurteilte Zuma wegen Missachtung der Gerichte. Er hatte sich geweigert, mit der Kommission zur Untersuchung des „state capture“ zu kooperieren.

Seit beinahe drei Jahren geht die Kommission der kriminellen Unterwanderung des Staates durch Zumas Freunde und Genossen nach. Durch deren Ausplünderung des Staatshaushalts und der Staatsbetriebe wurden Südafrikas Steuerzahler allein in den letzten vier Jahren der Zuma-Regierung um fast 900 Milliarden Euro betrogen. Während diese Vorwürfe bislang noch zu keinem Verfahren führten, steht Zuma auch noch wegen Korruption und Betrug im Zusammenhang mit einem riesigen Waffeneinkauf vor Gericht.

Der 79-Jährige beteuert, nicht einmal zu wissen, was ihm eigentlich vorgeworfen wird. Jetzt wird er zumindest Zeit haben, sich in die Bände füllenden Vorwürfe einzulesen.

Johannes Dieterich

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