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CDU-Chef Friedrich Merz bei seiner Kanzlerkandidatenkür

© dpa/Kay Nietfeld

Kanzlertraum oder Albtraum: Von jetzt an wird für Merz jeder Tag zur Prüfung

Auf den CDU-Chef wartet die Herausforderung seines Lebens. Er muss Kurs halten, sich im Griff behalten – und Markus Söder. Dann kann Friedrich Merz tatsächlich Kanzler werden.

Stephan-Andreas Casdorff
Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Stand:

Tag eins einer neuen Zeitrechnung: Friedrich Merz auf dem Prüfstand. Ein ganzes Jahr lang. Kanzlerkandidat der Union – jetzt muss, jetzt wird sich zeigen, ob er das Zeug zum Kanzler hat. Einfach wird es nicht für ihn.

Sein Lebenstraum kann auch noch zum Albtraum werden. Die Zustimmung der Vorstände von CDU und CSU – Formsache. Wo doch die beiden Vorsitzenden, Merz und Markus Söder, das schon beschlossen haben. Wer wollte da noch widersprechen?

Aber aus der beschlossenen eine gemeinsame Sache machen, das ist noch mal etwas anderes. Ja, Söder, der große Störenfried der vergangenen Jahre, hat Wohlverhalten versprochen. Aber ob das Versprechen hält? Ob er sich wirklich und wahrhaftig zurückhalten kann?

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Söder ist im Wort, wie nie: gleich mehrmals. Von Amts wegen, als CSU-Chef, und persönlich. Raus kommt er aus dieser Situation, von ihm selbst herbeigeredet, nicht mehr ohne Blessuren, die ihn alles kosten könnten.

Es wird nicht einfach für Merz, es wird aber auch schwer für Söder. Für beide wird jeder neue Tag zur Prüfung. Bloß weil Merz jetzt der Kandidat ist, wird Söder ja nicht denken, dass er es nicht doch besser könnte. Zumal die Wähler das nach allen Umfragen auch meinen. Söder führt deutlich.

Ohne Zähneknirschen unterstütze er die Entscheidung, sagt der CSU-Chef. Daran wird ihn die CDU erinnern, wenn er doch versuchen sollte, deren Chef wegzubeißen. Immerhin übt die CDU sich auch gleich in lange nicht gekannter Solidarität: Hendrik Wüst und Daniel Günther stehen hinter Merz.

Das ist auch, aber nicht nur, weil die Zeit dieser beiden vergleichsweise jungen Ministerpräsidenten der CDU noch kommen kann; Merz ist ein Endsechziger. Mehr zählt einstweilen, dass beide in NRW und Schleswig-Holstein schwarz-grüne Koalitionen führen, und zwar mit Erfolg.

Merz schließt Koalition mit Grünen nicht aus

Koalitionen, die Söder harsch ausschließt. Anders als inzwischen Merz, und zwar aus diesem eigentlich leicht nachvollziehbaren Grund: Allein kann keiner regieren, nicht einmal eine erstarkte Union. Es braucht schon mindestens eine Machtoption. Die muss Merz dennoch erst erarbeiten, mit und notfalls gegen Söder. Der Kampf ist weder gekämpft noch ist er entschieden. Das wird auch Teil der Prüfung sein.

Union pur taugt für Parteitage – dafür hat Merz vorgesorgt. Das neue Parteiprogramm ist die Rückkehr zu dem Konservativen, das auch der CSU gefällt. Das sind die beiden Unionschwestern einig wie lange nicht.

Aber es muss Kompromisslinien geben. Die aufzuzeigen, ist einem Kanzlerkandidaten mit Ambition in diesem Jahr bis zur Bundestagswahl auch aufgegeben. Es gilt, die Balance zu finden zwischen eigener Kenntlichkeit und geschmeidiger Verantwortlichkeit. Friedrich Merz ist da herausgefordert. Politisch wie persönlich.

Söder sieht sich als Kanzler in Bayern

Geschmeidig, dieses Wort verbindet sich nicht direkt mit ihm. Vielmehr sagt man ihm nach, impulsiv zu sein und sich im Zweifel unbedingt durchsetzen zu wollen. Immerhin, er arbeitet erkennbar daran. Ob’s reicht? Wille und Fähigkeit zum Kompromiss gehören in einer Koalition zum politischen Geschäft. Für den Wirtschaftler in Merz: Die Staatsgeschäfte zu führen heißt auch, zum Geschäft begabt zu sein. Noch dazu zum gegenseitigen Vorteil.

Da hat Merz in seiner CDU und mit der CSU zuletzt Erfahrung sammeln können. Doch jetzt geht es um Größeres. Das hat ihm Söder unmissverständlich klargemacht. Und, wie er sich ihre Rollen vorstellt: Merz als Kanzler für Deutschland, Söder als Kanzler in Bayern. Bis auf Weiteres.

Söder kann ja auch noch Historisches anstreben. Er kann der erste Bundespräsident aus den Reihen der CSU werden wollen, oder ihr erster Außenminister. Davor allerdings muss die Christenunion nicht nur an Stimmen gewinnen, sondern siegen.

So wie Scholz sich Merz – den Mann ohne Regierungserfahrung – als Kandidat gewünscht hat, wird Merz denken, dass er mit dem unbeliebtesten Kanzler aller Zeiten leichteres Spiel hat. Was aber, wenn Merz in diesem Jahr der Prüfung am Ende gar nicht auf Scholz trifft?

So oder so, es wird für Friedrich Merz nicht einfach. Es sah für diesen einen, den ersten Tag nur so aus.

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