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Politik: Karsai will Brot statt Mohn

New York - Als der Musterschüler aufbegehrte, gab es was auf die Finger. „Natürlich werden unsere Truppen weiterhin US-Kommandeuren unterstellt sein“, sagte US-Präsident George W.

New York - Als der Musterschüler aufbegehrte, gab es was auf die Finger. „Natürlich werden unsere Truppen weiterhin US-Kommandeuren unterstellt sein“, sagte US-Präsident George W. Bush in strengem Ton, nur um dann in der nächsten Minute seinen Besucher als Vorbild für die Demokratisierung islamischer Nationen über den grünen Klee zu loben. Der afghanische Präsident Hamid Karsai habe eine „starke Führerschaft“ bewiesen, sagte der Chef des Weißen Hauses am Montag bei einem gemeinsamen Auftritt mit seinem Besucher im Weißen Haus. Afghanistan zeige seinen Nachbarn, was möglich sei, wenn sie mit den USA kooperierten.

Im Gegenzug bedankte Karsai sich artig mit der Bemerkung, sein Volk wisse sehr wohl zu unterscheiden zwischen der Großzügigkeit seines amerikanischen Verbündeten und den Folterungen, Missbräuchen und Tötungen von Gefangenen. „Natürlich sind wir traurig über solche Vorfälle“, sagte er, „aber wir verstehen, dass das individuelles Fehlverhalten ist“. Die Bedeutung der „Newsweek“-Falschmeldung, wonach angeblich US-Wärter in Guantanamo einen Koran die Toilette hinuntergespült hätten, als Auslöser für die tödlichen Proteste spielte Karsai herunter. Auch wenn es bezeichnend sei, das ein Bericht über ein sensibles Thema wie die Schändung des Korans in einer „Klatschspalte“ erscheine.

Hinter dem mehr oder weniger freundlichen Geplänkel vor den Kameras verstecken sich jedoch handfeste Konflikte. So beschuldigen US-Diplomaten in Kabul Karsai, nicht genug im Kampf gegen den Mohn-Anbau zu tun. Der Präsident lasse Führerschaft vermissen, beklagten sie. Kaum in den USA angekommen, schlug Karsai in TV-Interviews zurück. Im Landesdurchschnitt sei der Anbau von Mohn, der für die Produktion von Heroin verwendet wird, um 30 Prozent gesunken. „Das afghanische Volk hat seinen Job getan“, sagte Karsai dem Sender CNN. „Nun muss die internationale Gemeinschaft eine Alternative für den Lebensunterhalt unserer Leute bieten, was sie bislang nicht getan hat.“

Matthias. B. Krause

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