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BND-Chef Bruno Kahl verteidigt die Zusammenarbeit des deutschen Geheimdienstes mit autokratischen Regimen.

© Thilo Rückeis

Bundesnachrichtendienst: Keine Kooperation ist auch keine Lösung

Der BND muss auch mit den Diensten von Unrechtsstaaten zusammenarbeiten, Anschläge zu vermeiden und Schaden abzuwenden. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Frank Jansen

Die Bilanz ist grässlich. Und das ist noch zurückhaltend formuliert. Der syrische Diktator Baschar al Assad ist für Kriegsverbrechen bis hin zum Einsatz von Giftgas verantwortlich, die Zahl der getöteten und verletzten Opfer geht in die Millionen. Zu den brutalsten Schergen des Regimes zählen die Geheimdienste. Sie foltern und morden, ihre Methoden waren schon lange vor Beginn des Bürgerkrieges gefürchtet. Auch im Ausland. Vermutlich waren syrische Geheimdienstler mitverantwortlich für die Autobombe, die 2005 in Beirut den libanesischen Ex-Premier Rafik al Hariri tötete. Assads Sicherheitskräfte sind Staatsterroristen.

Darf der Bundesnachrichtendienst, eine Behörde des deutschen Rechtsstaats, mit solchen Leuten reden? Die Antwort ist wenig angenehm: Er muss. In deutschem Interesse.

BND-Präsident Bruno Kahl hat die Notwendigkeit jetzt bemerkenswert offen formuliert. „Wir versuchen natürlich auch, mit Syrien Kontakte herzustellen, die notwendig sind, um Schaden abzuwenden“, sagte er im Interview mit dem Tagesspiegel. Als Grund nannte er die Beschaffung von Informationen über die Terrormiliz IS und andere Dschihadisten.

Kahls Position erscheint logisch. Um Schaden von Deutschland abzuwenden, um frühzeitig Anschlagsplänen zu begegnen, die der IS in seinen syrischen Restgebieten ausheckt, dürften Erkenntnisse der Geheimdienste Assads unverzichtbar sein. Ein Indiz: Das Regime übermittelte 2013 deutschen und weiteren Sicherheitsbehörden in Europa die Nummern von 3800 Blankopässen, die der IS in Syrien erbeutet hatte. Komplizen der Attentäter, die im November 2015 in Paris zuschlugen, konnten mit solchen Pässen aufgrund griechischer Versäumnisse als vermeintliche Flüchtlinge in die EU einreisen.

Und es geht noch um mehr. Kontakte des BND zu den Geheimdiensten des Regimes waren notwendig, um den deutschen Journalisten Armin Wertz freizubekommen, den Assads Sicherheitskräfte 2013 in Aleppo festgenommen hatten. Der BND sprang für die deutsche Diplomatie ein. Die Botschaft in Damaskus ist seit Januar 2012 geschlossen.

Natürlich bleibt der Austausch mit den Geheimdiensten Syriens und anderer problematischer Staaten eine Gratwanderung. Und die Gesprächspartner verlangen Gegenleistungen. Welche das sein können und dürfen, hat Kahl angedeutet. Bei den Kontakten mit Geheimdiensten in Ländern wie Russland, China, Türkei „halten wir keine Informationen zurück, die in diesen Staaten Anschläge verhindern könnten“. So funktioniert nachrichtendienstliche Kooperation.

Es bleibt das Risiko des Missbrauchs. Der BND kann nicht garantieren, dass seine Informationen zur Terrorgefahr von einem autoritären Regime rechtsstaatlich korrekt genutzt werden. Oft weiß der BND auch nicht, wie Informationen zustande kamen, die er bekommt. Und autoritäre Regime können trotz kooperativer Terrorbekämpfung geneigt sein, Deutschland Schaden zuzufügen, zum Beispiel mit Wirtschaftsspionage. Aber es hilft kein Lamentieren und Moralisieren. Lotet der BND keine Grauzonen aus, nimmt seine Fähigkeit ab, Anschlägen vorzubeugen.

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