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Politik: „Keine Steuersenkungen versprechen“

Teufel-Nachfolger Oettinger fordert mehr ökonomischen Sachverstand – und nationale Identität

Die Mitgliederbefragung der CDU in BadenWürttemberg ist abgeschlossen, bleiben Wunden, bleiben Narben?

Wir haben Neuland betreten, mit erheblichem Risiko. Aber dass sich über 70 Prozent der Mitglieder beteiligt haben, zeigt, dass wir eine engagierte, motivierte Parteibasis haben, dass die Partei lebt. Daher bleiben keine Verletzungen zurück, sondern eine in sich gestärkte CDU.

Geräuschlos ging das nicht. Warum sollte es Ihnen besser gehen als Sachsens Ministerpräsidenten Milbradt, der nur knapp an einer Wahlkatastrophe vorbeigekommen ist?

Es ist noch mehr als ein Jahr bis zur Landtagswahl – genügend Zeit, um zu beweisen, dass meine Mannschaft und ich das Vertrauen der Menschen verdienen. Zudem haben wir eine wirtschaftliche und soziale Lage, die in Deutschland einmalig gut ist. In Baden-Württemberg gibt es keinen Grund für eine Protestwahl.

Ihre Zukunft ist jetzt geklärt, wie soll die Ihrer Mitbewerberin Schavan aussehen?

Wir haben unmittelbar nach Bekanntgabe des Ergebnisses miteinander gesprochen, und sie ist zu meiner Freude bereit, Kultusministerin in meinem Kabinett zu bleiben. Sie genießt mein Vertrauen, und ich hoffe auf ein gutes Ergebnis für sie bei den Vorstandswahlen des Bundesparteitags.

Dann ist ja alles prima. Wäre da die Mitgliederbefragung nicht auch ein geeignetes Mittel, um die Kanzlerkandidatur zu klären?

Die Befragung von Parteimitgliedern kommt prinzipiell für alle wichtigen Fragen in Betracht, auch für die Kanzlerkandidatur. Aber das macht nur Sinn, wenn es mehrere Kandidaten gibt. Ich baue darauf, dass die Parteivorsitzenden Merkel und Stoiber in einem Jahr einen einvernehmlichen Vorschlag präsentieren. Vorher besteht kein Handlungsbedarf.

Am Sonntag beginnt der CDU-Parteitag. Was muss das Signal von Düsseldorf sein?

Wir müssen den Bürgern aufzeigen, dass und vor allem weshalb die CDU mehr Kompetenz und Mut für die notwendigen Reformen in der Sozial-, Arbeitsmarkt- und Steuerpolitik aufbringt als unsere politischen Wettbewerber.

Den Kompromiss zur Gesundheitsreform werden Sie kaum in diesem Sinne werten.

Nachdem die CSU das mit großer Mehrheit beschlossen hat, wäre die CDU gut beraten, das Gleiche zu tun. Die Einigung hat Schwächen und Stärken. Im Fall einer Regierungsübernahme im Bund 2006 muss man im Licht der dann herrschenden wirtschaftlichen und finanziellen Lage sehen, was wir von unseren Beschlüssen tatsächlich umsetzen können.

Ist der Kompromiss demnach Ausgangspunkt für Weiteres und längst noch nicht das letzte Wort in der Sache?

Das ist gewiss noch nicht das letzte Wort und schon gar nicht der Maßstab für jeden Paragrafen einer späteren Umsetzung der Reform.

Die Union ist gerade auch dabei, ihren Ruf als Steuersenkungspartei zu verspielen.

Steuersenkungen sind nicht so entscheidend wie Vereinfachungen im Steuersystem. Die Höhe der Tarife muss mit Blick auf die Finanzlage festgesetzt werden, und da glaube ich, dass wir keine großen Entlastungen versprechen können. Eine radikale Vereinfachung des Steuersystems geht aber auch so …

… was Friedrich Merz, der sich gerade enttäuscht von Frau Merkel abwendet, erfolglos gefordert hat …

… aber sein Grundansatz bleibt richtig, dass wir zu einem sehr viel einfacheren, transparenteren System kommen müssen. Auch deshalb baue ich darauf, dass Friedrich Merz auch ohne hervorgehobenes Amt in der Politik und in der CDU als Aktivposten erhalten bleiben wird.

Sie gelten als Politiker mit national-konservativem Akzent. Was fehlt dem Land mehr: Patriotismus oder Könnerschaft?

Wir brauchen in allen Bereichen beides: mehr nationale Identität und mehr ökonomischen Sachverstand.

Friedrich Merz ist seinerzeit auch mit seinem Begriff der „deutschen Leitkultur“ ein Außenseiter in der Union gewesen.

Wahrscheinlich hat er die richtige Debatte zur falschen Zeit eröffnet. Aber der Vorstoß war berechtigt. Patriotismus und deutsche Leitkultur haben heute einen höheren Stellenwert und eine höhere Akzeptanz in unserer verunsicherten Gesellschaft.

Von wem erwarten Sie eigentlich mehr Patriotismus: von den Deutschen oder den ausländischen Mitbürgern?

Der Appell richtet sich vor allem an die ausländischen Mitbürger, denen man Integration in unsere Gesellschaft und gewachsene Kultur abverlangen kann. Viele haben immer noch kein hinreichend positives Verhältnis zu unserer Nation und zur abendländischen Kultur.

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