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Klaus-Dieter Fritsche erreicht die Altersgrenze. Er wird im Mai 65. am 11.09.2014 im Sitzungssaal im Paul-Löbe-Haus in Berlin.

© Rainer Jensen/dpa

Klaus-Dieter Fritsche im Ruhestand: Der Dirigent der deutschen Dienste geht

Er baute in den Nachrichtendiensten das System Fritsche auf - mit gezielter Personalpolitik. Am Donnerstag absolvierte er seinen letzten Arbeitstag.

Von Frank Jansen

Es ist das Ende einer Ära. Und doch so leise, dass es kaum jemand wahrnimmt. Am Donnerstag sagt Klaus-Dieter Fritsche in Berlin am Rande eines Symposiums zum Thema Nachrichtendienste, dies sei sein letzter Arbeitstag. Ohne Aufregung, ohne Pathos. Auf die Frage, ob er erleichtert sei, antwortet der im Kanzleramt für die Nachrichtendienste zuständige Staatssekretär gewohnt lakonisch, „ich bin froh, 21 Jahre als politischer Beamter überlebt zu haben“.

Bei einem politischen Beamten ist das Risiko hoch, von einem Minister gefeuert zu werden, wenn der politisch anders tickt als sein Experte. Doch CSU-Mann Fritsche hat es geschafft, sich unter mehreren Chefs als Mastermind der deutschen Sicherheitsarchitektur zu halten. Dass er geht, ist seinem Alter geschuldet. Im Mai wird Fritsche 65. Nun gleitet er vom Urlaub in den Ruhestand. Und hinterlässt eine geräumige Lücke.

Seit Oktober 1996 war Fritsche für die Nachrichtendienste tätig. Damals wurde der Bamberger Verwaltungsjurist Vizepräsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV). 2005 begann der Aufstieg zum Dirigenten auf Bundesebene. Fritsche übernahm im Kanzleramt den Posten des Geheimdienstkoordinators.

Er nutzte den Posten, um ein Netz zu schaffen

Er ist für die Nachrichtendienste des Bundes zuständig, also für BfV, BND und den Militärischen Abschirmdienst (MAD). Im Dezember 2009 ging es weiter nach oben, Fritsche avancierte zum Staatssekretär im Bundesinnenministerium. Er nutzte den Posten, um ein Netz zu schaffen, das die Dominanz des Ministeriums stärken und damit die Abwehr von Terror und Extremismus effizienter machen sollte. Es entstand das System Fritsche.

Kern der Strategie war gezielte Personalpolitik. Fritsche fädelte 2011 den Wechsel von Gerhard Schindler auf den Chefsessel des BND ein. Schindler war zuvor Ministerialdirektor im Innenministerium, also ein Mann aus Fritsches Einflusssphäre. Beim BND beerbte der umgängliche Schindler den mit einem imposanten Selbstbewusstsein ausgestatteten Ernst Uhrlau. Mit der Personalie Schindler zog Fritsche den BND, der dem Kanzleramt unterstellt ist, näher ans Innenministerium heran. Dann folgte Stufe zwei.

Im August 2012 platzierte Fritsche an der Spitze von Bundespolizei und Bundesamt für Verfassungsschutz zwei Männer aus dem Innenministerium. Referatsleiter Dieter Romann übernahm die Bundespolizei, Ministerialdirigent Hans-Georg Maaßen das BfV. So stärkte Fritsche die Bindung beider Behörden an das Innenministerium, dem sie zugeordnet sind. Die Vorgänger von Romann und Maaßen waren nicht aus dem Ministerium gekommen.

Als Nachfolger ist Johannes Geismann im Gespräch

Das System Fritsche hielt, obwohl BfV und BND schwere Treffer einstecken mussten. Der NSU-Schock setzte dem Verfassungsschutz zu, der BND wurde in der NSA-Affäre gezaust. Angela Merkel war genervt und wünschte mehr eigene Kontrolle über die Nachrichtendienste. Als fähigsten Helfer stufte sie Fritsche ein und schuf für ihn im Kanzleramt den „Beauftragten für die Nachrichtendienste“, im Rang eines Staatssekretärs. So verließ Fritsche 2014 „sein“ Innenministerium. Und er musste zulassen, dass Wolfgang Schäuble 2016, damals noch Bundesfinanzminister, ins System Fritsche schnitt und BND-Chef Schindler durch einen Mann aus dem Finanzministerium ersetzte, Bruno Kahl. Dazu passt, dass Fritsches Nachfolger auch von dort kommen soll. Johannes Geismann, Staatssekretär im Finanzministerium, ist als neuer Chefkoordinator der Nachrichtendienste des Bundes im Gespräch.

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