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Abschiedsserenade. Roland Koch geht mit militärischer Begleitmusik.

© dpa

Hessen: Koch-Abschied mit Piefke-Marsch und Udo Jürgens

Roland Koch verabschiedet sich mit Pomp und Gloria – sein Nachfolger Volker Bouffier bildet das Kabinett fast komplett um.

Bis in den Schlosshof standen die geladenen Gäste aus Politik, Wirtschaft und Kultur Schlange, um dem scheidenden Ministerpräsidenten Roland Koch in der Westgalerie des Biebricher Barockschlosses alles Gute für seine Zeit nach der Politik zu wünschen. Ausklingen sollte der Abend mit militärischem Zeremoniell. Auf dem Programm der Bundeswehrkapelle, die bei Fackelschein zur „Serenade“ aufspielte, stand auch der „Düppel-Schanzen-Sturmmarsch“, komponiert 1864 von Johann Gottfried Piefke anlässlich der preußischen Angriffe im deutsch-dänischen Krieg. Die Landtagsfraktion der Linken hatte das Programm als Verherrlichung des Krieges gegeißelt und war der Veranstaltung ferngeblieben.

Als „unpassend“ hatten auch SPD und Grüne die Feier gerügt. Dennoch stellte sich auch Grünenchef Tarek Al-Wazir brav in die Schlange. Nach einer Stunde Warten wünschte er seinem Gegenspieler Koch, dass für ihn der Entzug von der Politik nicht allzu schmerzhaft werden möge. „Sie werden ja auch unter Entzugserscheinungen leiden“, gab Kochs Ehefrau Anke schlagfertig zurück. Mit Kochs Rückzug verlieren die Wiesbadener Oppositionsparteien schließlich ihren Lieblingsfeind.

Udo Jürgens hatte sich nicht anstellen müssen. Er kam von der anderen Seite und begrüßte Anke Koch galant mit Handkuss. „Er wird uns fehlen,“ sagte Jürgens, der mit Koch persönlich befreundet ist. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel musste sich nicht anstellen. Sie pries ihren scheidenden Parteivize zum Abschied. Koch habe Hessen zukunftsfähiger, interessanter und lebenswerter gemacht, sagte sie. Die Lacher hatte sie auf ihrer Seite, als sie Koch bescheinigte, er habe sich bundespolitisch „über das Erwartbare und manchmal auch Erwünschte hinaus“ engagiert: „Ich weiß, wovon ich spreche.“ Koch werde jetzt „ausgewildert“, zitierte die Kanzlerin eine Zeitung. Sie sei sicher, dass er sich in einem Leben nach der Politik zurechtfinde. „Ich hoffe, dass er mir auch aus der Ferne weiter Ratschläge gibt“, fügte die Kanzlerin und CDU-Chefin noch hinzu. Koch dankte vor allem seiner Frau Anke, dem wichtigsten „kritischen Geist in meiner Umgebung“.

Vor dem Abschied mit Hessenlied und Nationalhymne, zu dem sogar Altkanzler Helmut Kohl erschienen war, erklang im Schlosspark noch ein Medley aus Melodien von Udo Jürgens. Die gefühligen Melodien von „Liebe ohne Leiden“ und „Ihr von Morgen“ hatte Koch persönlich ausgesucht. „Ich bin durchaus ein bisschen mehr als sentimental“, hatte er in einem seiner Abschiedsinterviews eingeräumt.

Nur wenige Stunden vor dem feierlichen Abgesang auf die Ära Koch in der hessischen Landespolitik hatte sein designierter Nachfolger, Noch-Innenminister Volker Bouffier, seine Regierungsmannschaft vorgestellt. Die Ankündigung, das Kabinett werde „jünger und weiblicher“ sein, hat er dabei kaum einlösen können. Der Regierung gehören 14 Männer und sechs Frauen an.

Nachfolgerin der scheidenden Umweltministerin Silke Lautenschläger wird die CDU-Bundestagsabgeordnete Lucia Puttrich. Neuer Staatskanzleichef soll der bisherige CDU-Fraktionsgeschäftsführer Axel Wintermeyer werden. Im Finanz- und im Innenministerium werden die bisherigen Staatssekretäre, Thomas Schäfer und Boris Rhein zu Ministern befördert. Stephan Grüttner, Kochs Staatskanzleichef, wird Sozialminister, Vorgänger Jürgen Banzer ist der einzige aus Kochs Regierungsmannschaft, der nicht freiwillig geht. An diesem Dienstag wird der Landtag Bouffier zum Ministerpräsidenten wählen. Die Wahl gilt als sicher, CDU und FDP verfügen im Landtag über eine Mehrheit von sechs Stimmen.

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