
© Thilo Rückeis
Blog zu Journalisten im Exil: "Wir müssen viel mehr miteinander reden"
Geflüchtete Journalisten haben die Samstagausgabe des Tagesspiegels gestaltet. Am heutigen Freitagabend wurde sie vorgestellt und diskutiert. Lesen Sie hier den Blog zur Veranstaltung.
Stand:
Über Flüchtlinge wird viel berichtet, sie selbst kommen aber deutlich weniger zu Wort. Der Tagesspiegel hat diese Perspektive für einen Tag umgekehrt. Die Zeitung, die am Samstag den 15. Oktober erscheint, ist maßgeblich von Journalisten gestaltet worden, die aus Kriegs- und Krisengebieten geflohen sind. An diesem Freitagabend wird das Projekt vorgestellt, das von der Friedrich-Naumann-Stiftung mit gefördert worden ist, es wird diskutiert - und auch gefeiert.
Sehen Sie hier ein Facebook-Video der Diskussionsveranstaltung.
Und jetzt: Lesen!


Es gibt viel zu besprechen
Tagesspiegel-Redakteurin Dorothee Nolte, die die Sonderausgabe des Tagesspiegels mit federführend betreut hat, schlägt ein versöhnliches Schlusswort an: "Wir sollten alle mitnehmen, dass es viel zu berichten und noch mehr zu besprechen gibt."
Konflikt zwischen Flüchtlingen aus Syrien und Afghanistan
Ein Geflüchteter aus Afghanistan meldet sich, warum werde im Tagesspiegel wenig über Afghanistan aber viel über Syrien berichtet? Eine Syrerin antwortet, dass es den Afghanen darum gehe, in Freiheit zu leben, ihr gehe es darum, zu leben. Denn in Syrien könne jeder in jedem Moment getötet werden.
Ein andere Mann aus Afghanistan meldet sich und beklagt, es sei ungerecht, dass afghanische Flüchtlinge Sprach- und Integrationskurse nicht besuchen dürften, syrische Flüchtlinge aber schon. In der Tat bekommen aufgrund schlechter Asylperspektiven viele Afghanen keine solchen Kurse finanziert.
Der Tagesspiegel hat geflüchtete Journalisten eingeladen; und damit tritt auch das Leid von Menschen in den Vordergrund, das sonst nur am Rande wahrgenommen wird. Viel Redebedarf gebe es hier, sagt die Gründerin der Neuen Deutschen Medienmacher, Rebecca Roth. "Wir müssen alle viel mehr miteinander sprechen." So fühlten sich viele Geflüchtete auch schlecht informiert über politische Entscheidungen und Gesetzeslagen. Hier könnten gerade die geflüchteten Journalisten, die in Deutschland arbeiten, eine wichtige Funktion übernehmen, sagt Roth.
Kritik an deutschen Medien
Exil-Journalismus
"Es gibt sehr viel Redebedarf." findet Rebecca Roth. "Es ist die Verantwortung der Medien, Dinge, Entscheidungen, Gesetzeslagen, zu erklären." Und damit komme auch auf Exiljournalisten eine große Aufgabe zu, findet sie.
Über den Krieg berichten
Der Krieg in Afghanistan ist schon vergessen, der Krieg im Yemen spielt in deutschen Medien nur eine sehr untergeordnete Rolle. Wie verhält es sich mit der medialen Aufmerksamkeit für die Krisen in der Welt? Chefredakteur Stephan-Andreas Casdorff ist überzeugt: "Der Krieg in Syrien wird nicht so schnell beendet sein." Und damit auch die Notwendigkeit, darüber zu berichten.
Wie geht es weiter?
Ein Zuschauer möchte wissen: "In diesem Moment stehen die Journalisten aus Syrien tatsächlich im Fokus der Aufmerksamkeit." Aber, will er wissen, wie geht es denn jetzt weiter? Wie sind die Journalisten auf ihre Zukunft vorbereitet?
Die Syrerin Medea Daghstani hat mehrere Jahre für internationale NGO's in der Türkei Fortbildungen für syrische Blogger und Aktivisten organisiert und macht jetzt ein Praktikum bei der Friedrich-Naumann-Stiftung. Sie sagt: "Wir sollten uns mehr professionalisieren und auch über andere Themen außer Syrien schreiben. Das ist eine ganz notwendige Weiterentwicklung."
Für die geflüchteten Journalisten soll Normalität einkehren
Rebecca Roth von den "Neuen deutschen Medienmacher" sitzt mit auf dem Podium. Sie erzählt, wie sie zu Beginn des Abends einen der geflüchteten Journalisten fragte: "Wie fühlst du dich heute?" "Normal." war die Antwort.
Das ist der Punkt, den Roth machen will. Dass es künftig immer mehr dieser normalen Tage für die Geflüchteten geben wird.
Rebecca Roth ist Gründerin der "Neuen Deutschen Medienmacher" die ein Mentoring-Programm für 25 geflüchtete Journalisten anbieten. Viele herausragende Kollegen hätten sich gemeldet, um als Mentor zu arbeiten. Roth hofft auf eine nachhaltige Zusammenarbeit.
Gespräch mit syrischen Journalisten
Eine Diskussionrunde beginnt, in deren Verlauf unter anderen die beiden syrischen Journalisten Amloud Alamir und Medea Daghstani ihren Blick auf die deutsche Gesellschaft und die Medien darlegen sollen.

Das Leben im Lager
Seine Werke werden von internationalen Orchestern gespielt, er musste aus Baku fliehen. Im Tagesspiegel schreibt Elmir Mirzoev über das Leben eines Lagerinsassens. An dem Abend heute kann er nicht teilnehmen. Im Sommer kam er in eine Flüchtlingsunterkunft in Recklinghausen. Wegen der Residenzpflicht darf er nicht nach Berlin reisen.
Auch nicht verpassen: Die Weltspiegel-Geschichte über eine Wanderbewegung in Syrien und: vom Regime geförderter Tourismus, wenn zur gleichen Zeit anderswo im Land Bomben fallen.
Wirtschaft in Syrien? Atomabkommen mit Iran?
Auch im Wirtschaftsteil haben die Exiljournalisten interessante Analysen aufbereitet: Wie sieht die wirtschaftliche Situation in Syrien aus, wie kommen die Menschen zurecht?
Wie steht es um die Hoffnungen, die sich mit dem Atomabkommen mit dem Iran verbunden haben - sind sie enttäuscht oder erfüllt worden? Fragen, die auch die deutsche Politik bewegen, aber hier aus einer andere Perspektive beantwortet werden.
Ganz privat dagegen ist der Artikel "Meine Liebe in der Lausitz"; es geht um eine Beziehung, die sich gegen alle familiäre Bedenken und religiöse Unterschiede durchsetzt.
"In Syrien gibt es eine Meinung"
"Mein Moment"
Auf vielen Seiten des Tagesspiegels wird morgen "Mein Moment" gedruckt. Jeder geflüchtete Journalist suchte ein Foto raus, dass ihm viel bedeutet. Auf der Seite Drei sind das zwei Männer, die in Kreuzberg im März beim "Karneval der Geflüchteten" feiern. Sie sehen aus wie viele Menschen, die hier seit Jahren leben. Nur das die zwei Freunde erst wenige Monate zuvor nach Deutschland gekommen sind.
Einer der Höhepunkte der Ausgabe
Später gibt es dann auch die echte Zeitung
Am Ende eines langen Tages
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