Politik: Marquez als Friedensstifter?Kolumbiens Regierung sucht Verhandlungserfolg
Berlin - Seit mehr als vier Jahrzehnten bestimmen Gewalt und Terror den Alltag vieler Kolumbianer. Der Bürgerkrieg in dem Andenstaat gehört zu den ältesten und am längsten andauernden Konflikten weltweit.
Stand:
Berlin - Seit mehr als vier Jahrzehnten bestimmen Gewalt und Terror den Alltag vieler Kolumbianer. Der Bürgerkrieg in dem Andenstaat gehört zu den ältesten und am längsten andauernden Konflikten weltweit. Kämpfe zwischen linken Rebellen, rechten Paramilitärs und Armee, Polizei, Regierung forderten bisher zehntausende Opfer: Wie Hans Blumenthal von der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bogota kürzlich in Berlin sagte, ist mit bis zu 3,9 Millionen Vertriebenen und Binnenflüchtlingen, 50 000 ermordeten Zivilpersonen, 11 000 Gefolterten, 7100 Verschwundenen und 30 000 Entführten zu rechnen. Ungeachtet aller Friedensbemühungen nimmt die Rekrutierung von Kämpfern derzeit offenbar auf allen Seiten sogar wieder zu.
Nach dem gescheiterten Versuch seiner Vorgänger, das Land durch Verhandlungen mit den Guerillagruppen „Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens“ (Farc) und „Nationales Befreiungsheer“ (ELN) zu befrieden, vollzog Alvaro Uribe, konservativer Staatschef seit 2002, einen Politikwechsel und leitete einen Verhandlungs- und Demobilisierungsprozess mit den rechten Vereinigten Selbstverteidigungsgruppen Kolumbiens (AUC) ein. Rund 30 000 Paramilitärs wurden seit 2003 entwaffnet. Kritiker haben immer wieder darauf verwiesen, dass sie wirtschaftlich, gesellschaftlich, politisch ihre Machtpositionen behaupten konnten. Seit Monaten erschüttert der Skandal um die sogenannte „Para-Politik“ das Land, der die Verflechtungen von Politik und Paramilitärs enthüllt. Gleichzeitig tut sich Uribe schwer, Erfolge im Umgang mit der Guerilla aufzuweisen.
Mit der kleineren ELN begannen 2005 Sondierungsgespräche auf Kuba. Bisher gab es atmosphärische, aber keine substanziellen Fortschritte. Nun soll sich Literaturnobelpreisträger Gabriel Garcia Marquez an Verhandlungen mit der ELN in Havanna beteiligen, wie Uribe ankündigte. Garcia Marquez hat schon früher zwischen Staat und Rebellen vermittelt. So sollen seine Dienste entscheidend für den 1990 erreichten Friedensschluss mit der Guerilla-Gruppe „M-19“ gewesen sein.
Mit der Farc dagegen kam ein Mitte 2006 noch möglich scheinender humanitärer Austausch – Geiseln gegen Gefangene – nach einer Bombenexplosion in einer Militärschule nicht zustande. Seither schwelt der Streit über den richtigen Umgang mit den Rebellen, deren prominentestes Entführungsopfer die ehemalige Präsidentschaftskandidatin Ingrid Betancourt ist. Laut Umfragen befürwortet mehr als die Hälfte der Kolumbianer einen Austausch. 32 Prozent sprechen sich für eine gewaltsame Befreiung aus.
Die Farc hat die Freilassung Betancourts in Aussicht gestellt – vorausgesetzt, Uribe ziehe seine Soldaten aus einem umstrittenen Gebiet ab. Dazu wird es nicht kommen: Uribe ist gewarnt, sein Vorgänger hatte einst einem Abzug zugestimmt – die Rebellen aber hatten dies ausgenutzt, um neue Kämpfer anzuwerben und zu bewaffnen.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: