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Geizhals Onkel Dagobert hätte nie gespendet - aber Steuern hat er auch nicht bezahlt.

© imago stock&people

Wohltätigkeit versus Steuergerechtigkeit: Mission Weltverbesserung

Die Superreichen spenden immer mehr und gestalten die Welt in ihrem Sinne. Sie sollten lieber angemessene Steuern zahlen. Eine Kolumne.

Eine Kolumne von Max Tholl

Bekanntlich hat die Coronakrise die Nettovermögen der Milliardäre noch steigen lassen, und über diese plumpe Ungerechtigkeit tröstet auch der Gedanke nicht mehr hinweg, dass viele der Hochvermögenden viel Geld für gute Zwecke spenden oder sich über Stiftungen engagieren. Stattdessen sind Fragen nach Gerechtigkeit sind durch die Pandemie wieder stärker im Fokus.

Klaus Schwab, Gründer des Davoser Weltwirtschaftsforums, das in der vergangenen Woche virtuell stattfand, fordert sogar nicht weniger als eine komplette Neudefinierung von Kapitalismus, um Armut zu verringern und Gefahren wie den Klimawandel zu beseitigen.

Der typische Lösungsansatz derjenigen, die für gewöhnlich Schwabs Gäste im Schweizer Bergdorf sind, ist konventioneller. Sie setzen auf: großzügig spenden.

Die Philanthropie der Superreichen ist aber weder eine erfolgsversprechende Strategie noch ein altruistischer Akt der Solidarität, sie ist oftmals Imagepolierung, die zudem staatliche Handlungsmacht untergräbt. 2019 sorgte der niederländische Historiker Rutger Bregman in Davos für Aufsehen, als er den Wohlbetuchten zurief: Zahlt eure Steuern! Das ganze Gerede über Philanthropie, so Bregman, würde nur vom wahren Problem ablenken, das darin bestehe, dass MilliardärInnen teilweise keine oder grotesk niedrige Steuern zahlen. 

Das Vermögen der Reichen wächst - und damit ihre Wohltätigkeiten

Bregmans Bekanntheitsgrad ist seitdem ähnlich stark gewachsen, wie das Vermögen der Superreichen, mehr Steuergerechtigkeit gibt es dennoch nicht. Dafür aber weitere wohltätige Stiftungen und Organisationen, die Rekordsummen in die Weltrettung stecken. 

Letztes Jahr etwa rief Amazon-Chef Jeff Bezos seinen Bezos Earth Fund zur Bekämpfung des Klimawandels ins Leben und stattete ihn mit zehn Milliarden US-Dollar aus - das zehnfache von dem, was 2018 insgesamt an Spendengeldern in die Klimarettung floss.

Amazon-Chef Jeff Bezos verdeckt mit seinem Unternehmen die Welt - und spendet dann öffentlichkeitswirksam für Umweltschutz

© Clodagh Kilcoyne/REUTERS

Lobenswert, aber Bezos verantwortet eben auch ein Unternehmen, das ungefähr den CO2-Fußabdruck Norwegens hat und mit seinen Cloud-Dienstleistungen die Gas-und Ölindustrie unterstützt. Vielmehr aber, sollte der Umstand hinterfragt werden, der es Bezos überhaupt erlaubt, solche Summen zu spenden: jahrelange Steuervermeidung seines Unternehmens.

Privates Stiftungsgeld entzieht sich der demokratischen Kontrolle

Anstatt ihren steuerlichen Pflichten nachzukommen, profilieren sich einige Superreiche mit privaten Stiftungen und Spenden, die ihnen sogar noch steuerliche Vorteile verschaffen können. Dieses Geld umgeht damit staatliche Umverteilungsmechanismen und entzieht sich auch demokratischer Kontrolle.

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Wären diese Gelder nicht besser in den Händen eines gewählten Staates, der seinen BürgerInnen gegenüber Rechenschaft leisten muss? Das Allgemeinwohl sollte nicht vom Wohlwollen einzelner MilliardärInnen abhängen, sondern durch die demokratische Prinzipien der Solidarität und Rechtsstaatlichkeit gesichert werden.

Philanthropie ist kein Korrektiv gegen ungezügelten Kapitalismus

Philanthropie ist eben kein Korrektiv gegen einen ungezügelten Kapitalismus, sie ist ein Teil von diesem.

Natürlich muss man auch hier differenzieren: in Deutschland etwa haben zwei Drittel aller Stiftungen ein Kapital von weniger als einer Million Euro und bewegen sich in ganz anderen Größenordnungen. Auch das ist symptomatisch, denn global nimmt die Spendenbereitschaft ab.

Die Vermögen der Superreichen wachsen aber weiterhin schneller, als sie es durch Spenden überhaupt verringern können. Der Ansatz muss deshalb sein, solch übertriebene Kapitalanhäufungen Einzelner systematisch zu verhindern.

Denn keine Spende kann groß genug sein, um die Missstände zu korrigieren, die zu solchen absurden Summen geführt haben. Wenn MilliardärInnen ihre Solidarität zeigen wollen, müssen sie bei dem anfangen, was für alle anderen auch gilt: angemessene Steuern zahlen. 

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