Politik: Mob gegen Minderheiten in Indonesien
Bangkok - Mehr als 1000 Demonstranten haben am Dienstag in Zentraljava ein Gerichtsgebäude gestürmt und anschließend zwei Kirchen in Brand gesteckt und eine weitere schwer beschädigt. Die Gewalt in Temanggung, rund 60 Kilometer nordwestlich von Yogyakarta, brach aus, nachdem das Gericht einen Christen wegen Blasphemie zu fünf Jahren Haft verurteilt hatte.
Bangkok - Mehr als 1000 Demonstranten haben am Dienstag in Zentraljava ein Gerichtsgebäude gestürmt und anschließend zwei Kirchen in Brand gesteckt und eine weitere schwer beschädigt. Die Gewalt in Temanggung, rund 60 Kilometer nordwestlich von Yogyakarta, brach aus, nachdem das Gericht einen Christen wegen Blasphemie zu fünf Jahren Haft verurteilt hatte. Der Mann soll Flugblätter verteilt haben, die das Gericht als „beleidigend gegenüber dem Islam“ einstufte. Die Polizei erklärte, die Demonstranten hätten das Urteil als zu milde empfunden und die Todesstrafe verlangt.
Es ist der zweite schwere Übergriff auf Anhänger einer religiösen Minderheit innerhalb von zwei Tagen. Erst am Wochenende hat im Westen Javas ein aufgebrachter Mob ein Ahmadiyya-Gebetshaus gestürmt und mehrere Anhänger der Gruppe getötet. Die Ahmadiyya verstehen sich als pazifistische islamische Reformbewegung, konservative Kräfte betrachten sie jedoch als Häretiker. Die Gruppe, die in mehreren muslimischen Staaten massiv verfolgt wird, darf sich seit 2008 nicht mehr religiös betätigen. Die Regierung hat den Angriff verurteilt.
Die schweren Angriffe der vergangenen Tage sind nur zwei von Dutzenden Übergriffen gegen Vertreter religiöser Minderheiten in den vergangenen Jahren. Dabei ist die überwiegende Mehrheit der Menschen in Indonesien, dem bevölkerungsreichsten muslimischen Land der Welt, religiös sehr tolerant. Doch lautstarke gewaltbereite Gruppen treten immer stärker in Erscheinung. In der Zunahme dieser religiösen Gewalt spiegelt sich der Machtkampf zwischen den liberalen Kräften des Landes und der Armee wider. In den 90er Jahren, als das Suharto-Militärregime immer stärker unter Druck geriet, ging die Armee eine regelrechte Allianz mit mehreren Islamistengruppen ein. Die Fanatiker sollten den Machtverlust der Generäle verhindern. Die „Islamische Verteidigerfront“ (FPI) – die Gruppe, die heute am stärksten durch Gewalt gegen Minderheiten in Erscheinung tritt – wurde 1998 gegründet, also in jenem Jahr, als das Suharto-Regime stürzte. Die Elite des Landes drängte dennoch die Armee aus dem Zentrum der Macht. Die Kontakte zwischen ihr und den Islamisten sind jedoch nach wie vor intakt. Sascha Zastiral