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Politik: Müntefering ruft Clement ins Team

„Jede Mannschaft braucht Stürmer, Mittelfeldspieler, Vorstopper“ / SPD-Chef in NRW kritisiert Bundeskurs wieder

Bochum (Tsp). Der designierte SPDChef Franz Müntefering hat auf dem NRW-Landesparteitag in Bochum am Samstag den schwelenden Konflikt mit Wirtschaftsminister Wolfgang Clement offen angesprochen und Clement ausdrücklich zur weiteren Mitarbeit aufgerufen. Müntefering sagte: „Wenn wir das vernünftig miteinander machen, Wolfgang, können wir dazu beitragen, dass das auf einen guten Weg geht.“ Bundeskanzler Gerhard Schröder betonte, er werde seinen in der Partei umstrittenen Reformkurs ohne Änderung fortsetzen. Er bekräftigte, dass die geplante Ausbildungsabgabe nur komme, wenn die Wirtschaft nicht freiwillig mehr ausbilde.

Schröder, der wie Clement die Abgabe skeptisch sieht, sagte: „Wir werden gesetzlich handeln, einen Rahmen schaffen.“ Doch solle die Wirtschaft freiwillig mehr Ausbildungsplätze schaffen. „Geschieht das, brauchen wir das Gesetz nicht. Geschieht es nicht, wird es kommen.“ Clement zeigte sich überzeugt, dass die Ausbildungsabgabe nicht notwendig wird. „Wir werden das Problem lösen“, die Wirtschaft werde genug Lehrstellen zur Verfügung stellen. Müntefering verteidigte die Abgabe.

Müntefering, der am 21. März zum Parteichef gewählt werden soll, sagte, Clement und er spielten in einem Team, „nur an verschiedenen Stellen“. Jede Mannschaft brauche Stürmer, Mittelfeldspieler und Vorstopper. Zuvor war spekuliert worden, ob Clement nach dem Rücktritt Schröders vom Parteivorsitz sein Amt als Parteivize aufgeben könnte. Zu solchen Überlegungen sagte Clement: „Das ist alles hinter uns.“

Schröder sagte, der Reformkurs werde fortgesetzt. Die Reformen seien die einzige Chance, die Funktionsfähigkeit der Sozialsysteme zu erhalten. „Man kann nicht alle Naselang mit der Forderung kommen, ändert dies, ändert jenes“, sagte der Kanzler. Müntefering betonte: „Nichts von dem, was beschlossen wurde, kann zurückgenommen oder revidiert werden. Das müssen alle wissen.“ Er sicherte Schröder seine uneingeschränkte Loyalität zu. Er würde Partei und Fraktion nie gegen die Regierung führen. Die Delegierten spendeten beiden Rednern minutenlangen Beifall. Der Parteitag war der erste große Stimmungstest nach der Ankündigung des Kanzlers, den SPD-Vorsitz abzugeben.

Der Chef der NRW-SPD, Harald Schartau, meldete allerdings erneut Handlungsbedarf bei der finanziellen Belastung von Betriebsrenten durch die Gesundheitsreform an. Schartau wurde als Landeschef bestätigt, erhielt aber nur 84 Prozent der Stimmen nach 97 Prozent bei seiner ersten Wahl.

Die baden-württembergische SPD stellte sich geschlossen hinter die Reformpolitik der Bundesregierung. Auf ihrem Parteitag in Leinfelden-Echterdingen verabschiedeten die Delegierten nahezu einstimmig eine entsprechende Entschließung. Kritisch wird in der Entschließung angemerkt, dass es bei der Vermittlung der bisherigen Reformprozesse Schwächen gegeben habe.

Wirtschaft und Ökonomen warnten die SPD vor einem Stopp der Reformpolitik. „Ohne Reformen gibt es kein Wachstum und keine zusätzliche Beschäftigung“, sagte Ludwig Georg Braun, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, dem Tagesspiegel am Sonntag.

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