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Bei Protesten in Kairo kam es zu gewaltsamen Ausschreitungen.

© reuters

Update

Nach tödlichen Fußball-Krawallen: Gewaltausbruch in Kairo - Vier Tote bei Demonstration

Nach den Fußballkrawallen in Ägypten, kam es in Kairo erneut zu Ausschreitungen. Demonstranten versuchten das Innenministerium zu stürmen. Sie machen Militärrat und Polizei für die Tragödie im Stadion verantwortlich.

Das Blutvergießen in Ägypten geht weiter. In Suez starben bei Zusammenstößen mit Sicherheitskräften zwei Menschen. Wie der US-Sender CNN unter Berufung auf den Manager eines Krankenhauses berichtete, wurden die beiden erschossen. 25 Protestierer wurden nach Polizeiangaben verletzt. Zuvor hätten Hunderte Protestierende das Hauptquartier der Sicherheitskräfte in Suez mit Steinen und Molotow-Cocktails angegriffen, zitierte der Sender einen hohen Polizeioffizier. Die Sicherheitskräfte hätten Tränengas eingesetzt und in die Luft geschossen.

Bereits gestern wurden bei Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften in Kairo nach Angaben des Gesundheitsministeriums mehr als 600 Menschen verletzt. Fast 10.000 Menschen hatten sich vor dem Innenministerium versammelt, um gegen die Untätigkeit der Sicherheitskräfte bei den tödlichen Fußball-Krawallen zu protestieren. Sie riefen Slogans gegen den herrschenden Militärrat und die Polizei. Die Polizei trieb die Protestierenden mit Tränengas auseinander. Die Demonstranten hätten die Polizei mit Steinen beworfen. Dabei seien 54 Polizisten verletzt worden, berichtete das staatliche Fernsehen unter Berufung auf Sicherheitskreise. TV-Berichten zufolge wollte die aufgebrachte Menge das Hauptgebäude des Innenministeriums stürmen.

Wie Fernsehaufnahmen zeigten, hatten Polizei und Militär am Mittwoch in Port Said tatenlos zugesehen, wie Zuschauer mit Flaschen, Steinen und Messern regelrecht Jagd auf Spieler und Fans des Kairoer Traditionsclubs Al-Ahli machten. Ahli-Fans, die eine prominente Rolle bei der vor einem Jahr begonnenen Revolution in Ägypten spielten, kündigten Demonstrationen gegen den herrschenden Militärrat an.

Die Anhänger des Kairoer Fußballclubs machen den Chef des Militärrats, Hussein Tantawi, für den Tod von 74 Fußballfans am Vorabend in Port Said verantwortlich. International wurde eine Aufklärung der Gewalt vom Mittwochabend gefordert. "Dies war kein Sportunglück, dies war ein Militärmassaker!“, riefen die tausenden Demonstranten, als sie vom Sitz des Fußballclubs zum zentralen Tahrir-Platz marschierten. Als die Demonstranten weiter zum Innenministerium vordringen wollten, setzte die Polizei Tränengas gegen sie ein; nach Angaben von Ärzten wurden mindestens 20 Menschen verletzt. Die Demonstranten warfen Steine auf die Polizisten.

Bei einem Spiel zwischen den Mannschaften Al-Masry aus Port Said und Al-Ahly aus Kairo waren am Mittwochabend unmittelbar nach dem Abpfiff Fans von Al-Masry auf das Spielfeld gestürmt und hatten Spieler und Anhänger der gegnerischen Mannschaft mit Flaschen und Steinen beworfen. Im Internet waren Fotos von blutüberströmten Spielern zu sehen. Nach Angaben von Innenminister Mohammed Ibrahim wurden die meisten der Opfer erdrückt. Neben den 74 Toten gab es nach Angaben des Gesundheitsministeriums hunderte Verletzte. Die Polizei nahm 47 Menschen fest.

Die ägyptische Führung geriet von mehreren Seiten erheblich unter Druck. Die Europäische Union forderte eine „sofortige und unabhängige Untersuchung“ der Gewalt. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon forderte die ägyptische Regierung zu „angemessenen Maßnahmen“ auf. Der Weltfußballverband Fifa verlangte von den ägyptischen Behörden einen „vollständigen Bericht“ zu den Krawallen. Die bei der Parlamentswahl siegreichen islamistischen Muslimbrüder sprachen von „geplanten“ Ausschreitungen. Sie seien eine „Botschaft der Anhänger des alten Regimes“ des gestürzten Staatschefs Husni Mubarak, sagte der Abgeordnete Essam al-Erian von der Partei Freiheit und Gerechtigkeit.

Parlamentspräsident Saad al-Katatni, ebenfalls ein Muslimbruder, sagte, die „ägyptische Revolution“ sei „in großer Gefahr“. Das „Massaker von Port Said“ sei Folge einer „unglaublichen Nachlässigkeit der Sicherheitskräfte“. Abgeordnete forderten die Entlassung der Regierung und erklärten, der Oberste Militärrat trage „die gesamte Verantwortung“ für die Gewalt.

Wie Regierungschef Kamal al-Gansuri mitteilte, wurde als Konsequenz aus den Krawallen der Sicherheitschef von Port Said, Essam Samak, entlassen und seine führenden Mitarbeiter suspendiert. Auch die gesamte Führung des Nationalen Fußballverbands wurde entlassen. Der Gouverneur der Stadt trat zurück. Der regierende Oberste Militärrat rief eine dreitägige Staatstrauer aus. (dpa, AFP)

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