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Politik: Nichts Reales erreicht

Osttimors Präsident Gusmao zieht vor den Wahlen Bilanz nach fünf Jahren Unabhängigkeit

In Osttimor finden fünf Jahre nach der hart erkämpften Unabhängigkeit an diesem Montag erstmals Präsidentenwahlen statt. Die junge Geschichte des bitterarmen Ministaates und der Wahlkampf waren von Unruhen und Gewalt geprägt. Der amtierende Premierminister und Friedensnobelpreisträger Jose Ramos Horta appellierte an die rund 500 000 Wähler, friedlich zu den Wahlurnen zu gehen. Noch am Mittwoch wurden bei Zusammenstößen von Anhängern verschiedener Kandidaten 15 Menschen festgenommen und 35 verletzt.

Ramos Horta sieht die Armut als Ursache der organisierten Gewalt. „Die Banden sind nicht von Politik, Religion oder Ideologie getrieben“, sagte er. „Wir müssen in Wohnungen und Arbeitsplätze investieren, dann haben die Leute keinen Grund mehr zu kämpfen.“ Ramos Horta ist einer von acht Kandidaten, die sich um die Nachfolge von Präsident Xanana Gusmao bewerben. In Umfragen lag Francisco Guterres LùOlo von der linken Fretilin-Partei vorn. Fretilin führte den Widerstand gegen Indonesien an und hält 55 der 88 Parlamentssitze. Ramos Horta tritt als unabhängiger Kandidat an. Er ist ein enger Verbündeter von Gusmao, der bei den Parlamentswahlen im September antreten und Premierminister werden will.

Gusmao bestätigte im Gespräch mit dem Tagesspiegel, dass sein Land in der Krise ist: „Das hat politische Gründe. Streit innerhalb der Elite provozierte Wirkung in der Bevölkerung. Ich hätte nie gedacht, dass Osttimorer sich gegenseitig umbringen. Ich bedaure sehr, dass ich das nicht verhindern konnte.“ Osttimor sei aber kein gescheiterter Staat. „Viele Institutionen funktionieren noch, Wahlen stehen bevor. Wir standen am Abgrund.“ Er bedaure, nicht strenger reagiert zu haben, als die Armee Zivilisten bewaffnet habe. „Leider brauchten wir Auslandstruppen.“ Gusmao zog eine ernüchternde Bilanz der ersten fünf Unabhängigkeitsjahre: „Wir haben nichts Reales erreicht, nichts, was Menschen eine Zukunftsperspektive geben könnte. 60 Prozent sind jünger als 25. Wir versprachen Jobs, sie blieben arbeitslos.“ Man habe sich auf den Aufbau staatlicher Institutionen konzentriert, im „Entwicklungssektor“ sei es dagegen bei „Stückwerk“ geblieben. Ein Fehler war laut Gusmao, keine Staatsschulden zu machen. „Man sollte nur keine Schulden machen, wenn man nicht zurückzahlen kann. Wir haben eine Milliarde US-Dollar in einem Petroleum-Fonds auf der Bank liegen und machen nichts aus unseren Kapazitäten.“ Nach den Worten Gusmaos hat die Korruption in der politischen Elite die Ansiedlung ausländischer Investoren verhindert. (mit dpa)

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