zum Hauptinhalt
Nun der starke Mann in der NRW-SPD: Fraktionschef Thomas Kutschaty.

© dpa

NRW-SPD: Machtkampf beendet, alle Fragen offen

Thomas Kutschaty kann drei Spitzenpositionen in der SPD besetzen, nachdem sein Widersacher Sebastian Hartmann aufgibt. Kann er aber die Partei auch wieder zum Erfolg führen?

Von Hans Monath

Was hätte Johannes Rau wohl zur Entwicklung seiner Partei in Nordrhein-Westfalen (NRW) gesagt? Weil der Übervater der NRW-SPD am Wochenende seinen 90. Geburtstag gefeiert hätte, würdigten Sozialdemokraten das Lebenswerk des Ministerpräsidenten und Bundespräsidenten. 21 Jahre lang war der Mann aus Wuppertal Vorsitzender der SPD im größten Bundesland gewesen, 20 Jahre lang hatte er es regiert, dabei drei Mal für seine Partei die absolute Mehrheit geholt. Nordrhein-Westfalen war damals das Bollwerk, von dem aus die SPD die Macht im Bund eroberte.

Raus Lebensmotto „Versöhnen statt spalten“ dürfte angesichts des heutigen Zustands der NRW-SPD auf manche wie Hohn wirken. Im Landesverband, der in Umfragen nur noch auf rund 20 Prozent kommt, tobte ein Richtungsstreit. Auf der einen Seite stand Landeschef Sebastian Hartmann, auf der anderen Thomas Kutschaty, Chef der SPD-Landtagsfraktion. Der frühere NRW-Justizminister hatte im Herbst angekündigt, gegen Hartmann zu kandidieren. Anfang der Woche zog der nun Konsequenzen und kündigte an, nach zwei Jahren im Amt auf dem Parteitag im März nicht mehr anzutreten.

Harte Linie auf dem Feld der inneren Sicherheit

Hartmann, ein Mitglied der Parlamentarischen Linken (PL), war vor zwei Jahren mit dem Versprechen „Rot pur“ angetreten. Doch wenn es um innere Sicherheit ging, propagierte er mit Rücksicht auf das Schutzbedürfnis potenzieller SPD-Wähler eine harte Linie. Auch in anderen Fragen kooperierte er mit den Pragmatikern und vielen Kommunalpolitikern in der SPD an Rhein und Ruhr.

Er habe persönliche Interessen für den Zusammenhalt der Partei zurückgestellt, heißt es nun über den scheidenden Parteichef Sebastian Hartmann.
Er habe persönliche Interessen für den Zusammenhalt der Partei zurückgestellt, heißt es nun über den scheidenden Parteichef Sebastian Hartmann.

© dpa

Kutschaty und seine Unterstützer standen für einen noch linkeren Kurs, der bei den Jusos im Land viel Beifall findet. Mit dieser ideologischen Aufladung und offener Distanz zu Kanzlerkandidat Olaf Scholz, so fürchteten Pragmatiker in der Landes-SPD, drohte eine Marginalisierung ihrer Partei in der einstigen Hochburg der Sozialdemokraten. Kutschaty wolle den „bayerischen Weg“ einschlagen, lautete ihre Warnung. Im Freistaat ist die SPD unter zehn Prozent gerutscht.

Mit Hartmanns Rückzug ist der seit Monaten schwelende Machtkampf zugunsten von Kutschaty entschieden, der nun drei Spitzenämter besetzen kann: Oppositionschef im Landtag, Parteichef und Spitzenkandidat für die Landtagswahl im Frühjahr 2022. Zuvor hatten sich Hoffnungen der Pragmatiker zerschlagen, die Lage durch die Wahl eines dritten Kandidaten oder eines Kandidaten-Duos zu befrieden. Im Gespräch waren Ex- Wirtschaftsminister Garrelt Duin sowie ein Team aus Umweltministerin Svenja Schulze und NRW-Landesgruppenchef Achim Post.

In der Bundes-SPD wurde die Entwicklung mit Erleichterung aufgenommen. Nun scheint zumindest die Gefahr gebannt, dass ein völlig zerstrittener und handlungsunfähiger Landesverband den Wahlkampf der SPD für die Bundestagswahl massiv belastet. Ob diese Hoffnung aufgeht, hängt freilich davon ab, ob Gewinner Kutschaty nun auch inhaltlich auf die andere Seite zugeht.

Der Ex-Jusitzminister habe versprochen, künftig nicht nur sein linkes Lager zu bedienen, sondern die Pragmatiker mit einzubinden, hieß es aus den Reihen der SPD.

[Wenn Sie alle aktuellen Entwicklungen zur Coronavirus-Pandemie live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können]

Die Wahl von Ministerpräsident Armin Laschet zum CDU-Vorsitzenden macht die Aufgabe der Landes-SPD nicht einfacher. Als Laschet auf dem CDU-Parteitag die Bergmannsmarke seines Vaters präsentierte, bediente er eine klassisch sozialdemokratische Erzählung. Auch die gehört der SPD in NRW nun nicht mehr allein. 

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false