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Skiunfall: Nur der Helm rettete Althaus - Unfallursache gibt Rätsel auf
Es war ein Tag, wie ihn sich passionierte Skifahrer wünschen: Die Sicht über der Riesneralm war gut, die präparierte Piste ein griffiges Gemisch aus Kunst- und Naturschnee. Und dennoch kommt es am Nachmittag des 1. Januar 2009 zur Katastrophe: Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus prallt mit voller Wucht mit einer Touristin zusammen.
Der 50-jährige Ministerpräsident Thüringens, Dieter Althaus, kurvt auf seinen Skiern die als mittelschwierig eingestufte Piste "Die Sonnige" hinab. Fast gleichzeitig fährt auf der leichten "Panorama-Abfahrt" die 41 Jahre alte Slowakin Beata C. zu Tal. An der Kreuzung beider Pisten geschieht es dann. Althaus, ein geübter Skifahrer, und die nicht weniger gut trainierte Frau krachen mit voller Wucht gegeneinander.
Die Mutter von vier Kindern stirbt wenige Stunden später auf dem Weg zu einer Unfallklinik, Althaus überlebt mit schweren Kopfverletzungen. Doch wie es zu dem Unglück kam, wird möglicherweise nie geklärt werden können. Keiner hat den Zusammenstoß gesehen - sowohl der Ehemann der getöteten Frau als auch zwei Sicherheitsbeamte von Althaus kommen erst nach dem Zusammenstoß an die Unfallstelle -, und Althaus wird sich nach Meinung der Ärzte nach seinem Erwachen aus dem Koma an nichts mehr erinnern können.
Solche Unfälle sind keine Seltenheit, weiß Bürgermeister Erwin Petz, Geschäftsführer der Riesneralm-Seilbahnen. Doch der Unfall zwischen Dieter Althaus und Beate C. gibt Rätsel auf: "Es ist so, wie wenn es auf einem großen Parkplatz, wo nur zehn Autos stehen, zu einer Kollision zwischen zwei Fahrzeugen kommt", beschreibt Petz am Freitag die mögliche Situation, die zu der Katastrophe führte. Welcher Skifahrer nun die Vorfahrt des anderen missachtet hat, ist völlig unklar.
Unmittelbar nach dem Zusammenprall der beiden Skiläufer kümmern sich Notärzte und zwei auf der Piste fahrende Mediziner zunächst um die schwerverletzte Frau. Dies, so heißt es den bisherigen Ermittlungen zufolge, sei auf Wunsch von Althaus geschehen, der zu diesem Zeitpunkt noch bei Bewusstsein war. Erst im Tal wird Althaus dann in einem Rettungswagen von einem Sanitäter untersucht, der daraufhin einen Notarzt anfordert. Später verzögert sich der Transport in eine Spezialklinik, weil der Flug des Hubschraubers in die beiden nächstliegenden Kliniken wegen der Lichtverhältnisse nicht möglich ist. Auf dem Transport verliert der Ministerpräsident dann das Bewusstsein und muss intubiert werden.
Aufwachphase kann zwölf bis 24 Stunden dauern
Der momentane Zustand von Althaus ist nach Angaben der Ärzte weiterhin stabil. Dies bestätigte nach Angaben der Ärzte eine am Freitag vorgenommenen Computertomographie. Ein Schädel-Hirn-Trauma, wie es Althaus erlitten habe, verlaufe individuell unterschiedlich, so der Ärztliche Direktor des Krankenhauses Schwarzach, Reinhard Lenzhofer. Der Ministerpräsident sollte nach Angaben seiner Ärzte noch am Freitag aus dem künstlichen Koma geweckt werden. Diese Aufwachphase könne zwölf bis 24 Stunden dauern. Sollten sich Komplikationen ergeben, etwa ein instabiler Blutdruck, müsse die Aufwachphase abgebrochen werden.
Neben dem schweren Schädel-Hirn-Trauma erlitt Althaus den Angaben der Ärzte zufolge mehrere Prellungen und eine Fraktur im Mittelgesicht. Diese sei allerings "unverschoben" und müsse daher nicht weiter behandelt werden. Auch wie lange Althaus noch im Krankenhaus bleiben muss, ist zunächst unklar. Er soll nach Erfurt gebracht werden, sobald er transportfähig ist. Die Amtsgeschäfte von Althaus übernimmt zunächst dessen Stellvertreterin, Landesfinanzministerin Birgit Diezel (CDU), wie der Thüringer Regierungssprecher Fried Dahmen in Erfurt mitteilte.
Schutzhelm rettete Althaus
Jahr für Jahr kommen auf den Skipisten in Österreich und in den übrigen Alpenregionen Dutzende Menschen bei solchen Unfällen ums Leben. 21 Ski-Tote zählten die Statistiker in der vergangenen Saison allein in der Alpenrepublik. Rund 60.000 erlitten Verletzungen, die im Krankenhaus behandelt werden mussten - mehr als 5000 davon am Kopf. Erst in der vergangenen Woche wurde im Salzburger Skigebiet von Mittersill ein 57-jähriger Mann aus Thüringen getötet. Er krachte ohne Helm bei hoher Geschwindigkeit mit einem Schüler zusammen, dessen Kopf durch einen Helm geschützt war.
Es ist anzunehmen, dass Althaus nur deshalb am Leben blieb, weil er den Rat der Experten befolgte und einen Schutzhelm trug. Verletzungen kann jedoch auch diese dämpfende Hülle angesichts immer höherer Geschwindigkeiten auf der Piste nicht völlig verhindern. Insgesamt haben die Statistiker aber in den vergangenen Jahren eine deutliche Zunahme der "Helmträger" notiert. Im Jahr 2007 war insgesamt bereits jeder zweite Ski-Verletzte durch einen Sturzhelm geschützt.
Nach dem Skiunfall forderten Sport- und Gesundheitspolitiker nun eine gesetzliche Helmpflicht für Skifahrer. Peter Danckert (SPD), Vorsitzender des Bundestags-Sportausschusses, sagte "Bild.de": "Ich bin hundertprozentig für eine Helmpflicht. Am besten wäre ein solches Gesetz europaweit." Die Vorsitzende des Gesundheitsausschusses, Martina Bunge (Linke), sprach sich für eine solche Pflicht auf steilen und gefährlichen Ski-Pisten aus. (jam/dpa/AFP/ddp)