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Politik: Oettinger: Wir helfen Berlin

Ministerpräsident stellt Tilgung von Altschulden in Aussicht, Finanzsenator begrüßt Entgegenkommen

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Berlin - Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) hat der Hauptstadt Hilfe bei der Tilgung ihrer Altschulden in Aussicht gestellt: „Sechzig Milliarden Altschulden kann Berlin aus eigener Kraft niemals tilgen.“Schaffe die Stadt es aber, die Neuverschuldung auf null zu bringen, sei er „bereit, nachzudenken“, wie man sie beim Abbau ihres Schuldenbergs unterstützen könne. Oettinger, der zusammen mit SPD-Bundestagsfraktionschef Peter Struck die Kommission zur Reform des Föderalismus leitet, machte deutlich, dass dies sehr bald sein könne. Er habe sich die Haushaltsstruktur der Stadt angeschaut und sei sicher, dass sie es „noch in diesem Jahrzehnt erreichen“ könne, neue Schulden zu vermeiden.

Oettinger, der eine der „Hauptstadtreden“ der „Stiftung Zukunft Berlin“ hielt, äußerte Verständnis für Berlin. „Berlin war eine Industriestadt und ist es nicht mehr.“ Vom Wegzug von Firmen wie Siemens nach dem Krieg hätten vor allem Gegenden profitiert, die am weitesten von der Zonengrenze entfernt waren, auch Baden- Württemberg, das Berlin geografisch fernste Land. Nun sei die Gründerzeit der gewerblichen Wirtschaft vorbei und „sie kommt nicht mehr zurück“. Berlins Chancen bestünden daher „zuallererst in Dienstleistungen“: „Wer nicht mehr Hauptstadt der Blechbearbeitung werden kann“, müsse anderes bieten.

Oettinger schlug Berlin dabei vor, auf die Hochschulen zu setzen. Da werde noch nicht „mit der nötigen Exzellenz“ gearbeitet. Berlin müsse dafür arbeiten, „der Ort Nummer eins für junge Menschen auf dem Weg ins Erwachsenenleben“ zu werden. Die 18- bis 20-Jährigen seien die Forscher und Existenzgründer von morgen. Auch kulturell sei „viel da“, es werde aber zu wenig homogen präsentiert.

Berlins Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) begrüßte Oettingers Rede „ganz ausdrücklich“. Sie zeige, „dass wir einige Monate nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Haushaltsklage Berlins nunmehr sachlicher darüber sprechen können, wie mit der Problematik der Altschulden umzugehen ist“, sagte Sarrazin dem Tagesspiegel. Nach Auffassung des Finanzsenators könnte die Möglichkeit der Länder, Schulden zu machen, eng begrenzt oder sogar abgeschafft werden, wenn sie von Altschulden entlastet und mit einer „garantierten Einnahmebasis ausgestattet“ würden. Langfristig sollten Steuerverwaltung und Gesetzgebungskompetenzen für alle Steuerfragen in die Hand des Bundes gelegt werden, der die Einnahmen dann nach einem angemessenen Schlüssel verteile und allein das Recht habe, noch Schulden zu machen. Auch Senatssprecher Michael Donnermeyer lobte Oettingers Rede als „eine Anerkennung der Konsolidierungsleistungen Berlins“. In der neuen Finanzplanung Berlins ist vorgesehen, spätestens 2011 keine Kredite mehr aufzunehmen.

Oettinger hatte in seiner Rede auch nicht mit Lob gespart: Berlin sei „spannend, geläutert und längst nicht mehr preußisch-arrogant“. Als Hauptstadt des größten EU-Landes könne es „auch den Anspruch erheben, die wichtigste Hauptstadt der EU zu werden“.

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