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Politik: Peter Struck kündigt kleinlaut tätige Reue an - statt Hanswurstiade nun Schulterschluss

Der entscheidende Satzfetzen kommt ganz zum Schluß: "..

Der entscheidende Satzfetzen kommt ganz zum Schluß: "...dass es mir Leid tut", ist da aus dem Munde von Peter Struck zu hören. Aus seinem Mund eine ungewöhnliche Formulierung. Nicht dass es total zerknirscht klänge; dafür ist der zur Ruppigkeit neigende SPD-Fraktionschef die falsche Adresse. Aber so forsch wie gewohnt, mit flotten Sprüchen um sich werfend, kommt er heute nicht daher. Auch auf verbale Hakeleien mit Journalisten lässt er sich heute nicht ein. Die Frage, wie lange er denn noch im Amt sei, überhört der Niedersachse schlicht. Vielleicht tut es ihm ja wirklich Leid. Denn wenn Struck mit seinem überraschenden Vorschlag, das bestehende lineare Steuersystem radikal in eins mit Stufentarif umzuwandeln, zeigen wollte, wie modern Sozialdemokraten sind und wie schöpferisch sie in die Zukunft denken, dann muss er sich als gescheitert betrachten. Denn rüber kam bloß: Sommertheater.

Das ist nun vorbei. Jedenfalls die Abteilung "Hanswurstiade". Das neue Stück heisst: "Schulterschluss". Geprobt wurde es im Raum UdL 3010; das ist einer der Sitzungssäle in den neuen Gebäuden des Bundestags in Berlin, Unter den Linden. Dort traf sich am Montag um zehn Uhr der geschäftsführende Fraktionsvorstand der Sozialdemokraten - Struck, seine Stellvertreter, die Geschäftsführer. Hat ihm einer den Kopf gewaschen? Wurde gar sein Rücktritt gefordert? Schließlich hat er nach der Steuernummer noch nachgelegt, das Ende der sozialdemokratischen Umverteilungsideologie gefordert und sich einer Lockerung des Ladenschlusses nicht abgeneigt gezeigt. Lauter Reizthemen.

Aber nein. In UdL 3010 blieb alles friedlich. Sagt Struck. Sagen seine Stellvertreter. Sagen die Geschäftsführer. Schade nur, dass man am Telefon die Gesichter nicht sehen kann. Denn zufälligerweise gab es an diesem Tag bedauerliche technische Gründe, dass die Journalisten nicht weiter als bis in den Hof des Tagungsgebäudes vorgelassen wurden. Da konnten die anderen Teilnehmer unbehelligt entschlüpfen. Selten wurde nach einer Sitzung so eitel Sonnenschein verbreitet.

Kann man Struck, kann man den anderen glauben? Dass die Stellvertreter seinen Rücktritt fordern, ist in der Tat unwahrscheinlich. Verkehrsminister Franz Müntefering, der mögliche Nachfolger, hat bereits abgewunken. Und die "Süddeutsche Zeitung", die den Kandidaten am Sonnabend gekürt hatte, hört plötzlich nur noch "anonyme Stimmen", die dergleichen forderten. Die Luft scheint raus aus der sommerlichen Personalposse.

Vor dem Wochenende war sie intern bereits herausgelassen worden. Der in Positano im Süden Italiens urlaubende Kanzler hatte Struck durch seinen Hausmeier Frank Steinmeier bereits wissen lassen, dass er "not amused" sei. In der Fraktionsspitze hatten sie sich bereits Anfang August mächtig gefetzt. Und ein eher lautes als trautes téte a téte zwischen Struck und seinem für Steuern zuständigen Vize Joachim Poß hatte es auch bereits gegeben. Da hatte der Chef den Spieß umgedreht. Und Poß zusammengestaucht, der Struck in der Öffentlichkeit besonders scharf kritisiert hatte. "Joachim", so heißt es, habe er gesagt, "Dich brauche ich nicht zu fragen." Struck hatte danach schon zu Protokoll gegeben: "Ich akzeptiere nicht, dass meine Stellvertreter mich öffentlich kritisieren." Wenn es allerdings stimmen sollte, wie er behauptet, dass er in der nun rund drei Wochen dauernden Debatte nur mit dem Kanzleramtschef, nicht aber mit dem Kanzler gesprochen hat, dann wäre dies kein gutes Zeichen für das Standing des Vorsitzenden der größten Regierungsfraktion.

An diesem Montag mittag also ist Peter Struck ganz brav. Leid tut es ihm, dass die steuerpolitischen Erfolge der Regierung durch seine Überlegungen für das Jahr 2002 überdeckt worden seien, und zwar tut es ihm besonders leid für die Wahlkämpfer. In Brandenburg etwa. Und im Saarland. Deshalb will er tätige Reue üben und dort fleißig auftreten. Ob er viele Einladungen erhält?

Thomas Kröter

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