Politik: Politischer Aschermittwoch: Sozialistischer Frohsinn
Nun hat die PDS ihn endlich geschafft, den von Gregor Gysi so lange ersehnten Kultursprung in den Westen. Mehr noch, es hatte schon fast etwas von Kulturrevolution an sich, als sich Parteiführung und Basis zum politischen Aschermittwoch ausgerechnet in der Hochburg des rheinischen Karnevals an der Spree trafen.
Nun hat die PDS ihn endlich geschafft, den von Gregor Gysi so lange ersehnten Kultursprung in den Westen. Mehr noch, es hatte schon fast etwas von Kulturrevolution an sich, als sich Parteiführung und Basis zum politischen Aschermittwoch ausgerechnet in der Hochburg des rheinischen Karnevals an der Spree trafen. Hier, in der Kneipe "Ständige Vertretung" am Berliner Schiffbauerdamm, dem beliebten Rückzugsort heimwehgeplagter Rheinländer, übten sich die Genossen in bislang ach so fremder Narretei und scharfzüngiger politischer Rede.
"Wir versprechen nichts! Aber das halten wir", hatte die PDS sicherheitshalber vor allzu hohen Erwartungen an den sozialistischen Frohsinn gewarnt. Es war denn auch ruhig, als PDS-Chefin Gabi Zimmer den Saal betrat. Ganz in schwarz gewandet, aber immerhin mit farbenfroher hellblauer Jacke, trat sie ein bisschen schüchtern in die Bütt. Drei Genossinen mittleren Alters, jede vor sich eine Tasse Tee, klatschen zaghaft. Weil sie zu klein ist, muss Zimmer auf einen silberfarbeneen kleinen Koffer steigen, damit die Fernsehkameras sie auch richtig ins Bild nehmen können. Nein, eine mitreißende Rednerin, gar eine Stimmungskanone ist Gabi Zimmer auch am Aschermittwoch nicht. Warum tut sie sich das trotzdem an?
Die Antwort kam gleich im dritten Satz ihrer vierseitigen Rede, welche sie mit sparsamer Gestik verlas. "Ich liebe Fernsehen", sagt sie da. Niemand lacht, niemand klatsch. Das meint Zimmer ernst. Die Hände an die Bütt gepresst, gibt sie vor allem Verteidigungsminister Rudolf Scharping einen mit. "Soll ein witziger und schlagfertiger Mensch sein. Sagt seine Frau." Beifall. Langsam kommt, vielleicht auch dank Kölsch, ein bisschen Stimmung auf. Zimmer lächelt zufrieden, errötet leicht und macht weiter. "Sein größter Witz war die Begründung der deutschen Teilnahme am Kosovo-Krieg. Konnte bloß keiner lachen." Im Saal herrscht Stille. Und die Grünen machten mit, so dass man sich als Pazifist nur noch erschießen könne, sagte die PDS-Chefin und fragte: "Bist Du dann noch Pazifist?" Täätää! Verhaltenes Kichern auf den hinteren Plätzen.
Zimmers Vorgänger als Parteichef, Lothar Bisky, sowie die Berliner PDS-Landeschefin Petra Pau und ihr sächsischer Kollege Peter Porsch trugen übrigens auch Reden vor. Täätää! Gregor Gysi mag es geahnt haben. Das rhetorische Talent der Partei mochte ein Narr nicht sein und sonnte sich statt dessen lieber auf Kuba.
Carsten Germis