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Politik: Polizeichefin: Ich erinnere mich nicht

Frankfurt am Main - Die Zuhörer standen bis in den Gang. Die prominente Zeugin, die beurlaubte Präsidentin des hessischen Landeskriminalamtes Sabine Thurau, hatte Mühe, den Weg in den Gerichtssaal durch Fotografen und Kameraleute zu finden.

Frankfurt am Main - Die Zuhörer standen bis in den Gang. Die prominente Zeugin, die beurlaubte Präsidentin des hessischen Landeskriminalamtes Sabine Thurau, hatte Mühe, den Weg in den Gerichtssaal durch Fotografen und Kameraleute zu finden. Seit Wochenanfang ist die frühere Vorzeigefrau der hessischen Polizei ins Innenministerium versetzt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen sie wegen des Verdachts der Falschaussage vor Gericht und der Verfolgung Unschuldiger.

Vor der 4. Zivilkammer des Landgerichts begegnet sie Jochen Zahn, der sich als ihr erstes Mobbingopfer sieht. Im März 2006 hatte Thurau, damals Vizepräsidentin der Frankfurter Polizei, den damaligen Fahndungschef Zahn suspendiert. Drei Jahre hat die Staatsanwaltschaft gegen ihn ermittelt, am Ende stellte sie das Verfahren ein.

Auch vier Jahre nach der Suspendierung kämpft Jochen Zahn um seine Rehabilitierung. Es geht um eine Dienstbesprechung vom 29. März 2006. An diesem Tag der Suspendierung soll Thurau Jochen Zahn vor versammelter Mannschaft „schwerer krimineller Machenschaften“ bezichtigt haben. Sie werde dafür sorgen, dass er nicht wieder in den Polizeidienst zurückkehren werde, soll sie gesagt haben. Die Zivilkammer will wissen, ob diese Äußerungen so gefallen sind. Das wäre eine unzulässige Vorverurteilung gewesen. Zahns Anwalt klagt deshalb auf 30 000 Euro gegen das Land Hessen.

Geduldig fragt der Vorsitzende Richter Christopher Hefter die prominente Zeugin. „Ich erinnere mich nicht“, sagt sie zu allen wichtigen Fragen. Ob sie mit ihren Worten das Ergebnis der Ermittlungen vorweggenommen habe, fragt Hefter. „Das hätte ich doch gar nicht gedurft“, antwortet Thurau. Wegen ihrer lückenhaften Erinnerung wird sich das Gericht an die Aussagen der fünf Polizeibeamten halten müssen, die bei der entscheidenden Dienstbesprechung zugegen waren. Sie erinnern sich nämlich ganz genau an die Szene in der Kommandostelle K43 im Frankfurter Polizeipräsidium. Er sei geschockt gewesen, „ich habe gedacht, Herr Zahn hat jemanden erschossen“, berichtet Walter B. Jürgen V. sagt, der Fall verfolge ihn „seit viereinhalb Jahren täglich 24 Stunden lang“.

In der Sache bestätigen alle fünf Zeugen den Vorwurf gegen die beurlaubte LKA- Chefin. Sabine Thurau habe „mit Drohgebärde“ Jochen Zahns Suspendierung mitgeteilt, wegen krimineller Machenschaften. Mindestens drei Zeugen sagten aus, Frau Thurau habe versichert, sie selbst werde dafür sorgen, dass Zahn nicht wieder in die Polizei zurückkehren werde. Den Einwand der Unschuldsvermutung habe sie abgetan und die Kollegen davor gewarnt, zu Zahn Kontakt aufzunehmen. Klaus B. berichtet, als er seinen suspendierten Chef nach der denkwürdigen Dienstbesprechung nach Hause fahren wollte, sei er von einem Vorgesetzten daran gehindert worden. Man werde für den „Transport“ von Herrn Zahn sorgen, sagt B. Nach Thuraus Auftritt vor der Zivilkammer hat Zahn gute Chancen auf Schadenersatz. Christoph Schmidt Lunau

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