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Rückzug: Portugals Regierungschef tritt zurück

Der portugiesische Ministerpräsident José Sócrates ist am Mittwochabend zurückgetreten. Er reagierte damit auf eine Abstimmungsniederlage im Parlament, das mehrheitlich gegen sein Sparprogramm votiert hatte.

Der Rücktritt des Regierungschefs wurde von Präsident Anibal Cavaco Silva am späten Abend nach einem Treffen mit Socrates bekanntgegeben. Kurz zuvor war ein Sparpaket der Minderheitsregierung von Socrates im Parlament abgelehnt worden. Der Rücktritt dürfte die ohnehin schon schwer angeschlagene Stabilität und Glaubwürdigkeit Portugals weiter gefährden. Eine Rettung des hoch verschuldeten Landes durch den Euro-Fonds wird zugleich immer wahrscheinlicher.

Die Risikoprämien für portugiesische Schuldscheine hatten schon im Laufe des Tages mit mehr als acht Prozent ein neues Rekordhoch, erreicht, was es für den Staat immer schwerer macht, seine bitter notwendigen Milliardenkredite zu finanzieren. Angesichts der schlechten Finanz- und Wirtschaftsaussichten hatte die internationale Ratingagentur Moody’s schon vor einer Woche Portugals Kreditwürdigkeit gleich um zwei Noten herabgestuft.

Mit dem Scheitern des Sanierungskurses der sozialistischen Regierung dürfte das Vertrauen der Investoren in das südeuropäische Euroland weiter sinken. Die politische Krise werde „dem Land große Schwierigkeiten bereiten, weiter Zugang zu den Finanzmärkten zu haben“, räumte Finanzminister Fernando Teixeira dos Santos ein. „Das wird uns in die Arme der externen Hilfe treiben“, sagte er im Hinblick auf den Euro-Rettungsfonds.

Socrates hatte am Mittwochnachmittag vergeblich im Parlament um die Unterstützung der konservativen Sozialdemokraten zu einer neuen Sparrunde gebeten. Oppositionschef Pedro Passos Coelho, der in den letzten Monaten den Sparkurs von Socrates noch mitgetragen hatte, kündigte bereits vor Tagen an, dass seine Partei nun mit „Nein“ stimmen werde. „Man kann einem Volk nicht Brot und Wasser verordnen." Die Zusammenarbeit sei „an einen Schlusspunkt gelangt“, auch weil Socrates vor seinem jüngsten Anti-Krisen-Paket die Opposition nicht zu Rate gezogen habe.

Hinzu kommt wohl auch, dass sich der konservative Passos Coelho bei einer Neuwahl gute Chancen auf die Macht ausrechnen kann. Im Januar war der konservative Präsidentschaftskandidat Anibal Cavaco Silva mit üppigen 53 Prozent für eine zweite Amtszeit als Staatschef bestätigt worden. Seitdem war zu spüren, dass die konservativen Sozialdemokraten mit dem Sturz der Linksregierung spielten. Nach einem Rücktritt von Socrates kann frühestens in zwei Monaten gewählt werden.

Das gescheiterte Sparpaket sah Kürzungen der höheren Renten und weitere schmerzhafte Einschnitte in das Gesundheits-, Bildungs- und Sozialsystem vor. Vorausgegangen waren bereits ein Rentenstopp für alle Senioren, die Mehrwert-Steuererhöhung auf 23 Prozent, Lohnkürzungen im öffentlichen Dienst und Mautgebühren auf bisher kostenlosen Autobahnen. Die knapp elf Millionen Portugiesen ächzen schon länger: Armut, soziale Not, private Zahlungsprobleme und Arbeitslosigkeit (derzeit 11 Prozent) steigen immer weiter. Die Wirtschaft schrumpft, Streiks lähmen regelmäßig das Land. Socrates hatte versprochen, die Neuverschuldung 2011 auf 4,6 Prozent des Bruttoinlandsproduktes zurückzufahren; 2010 machten die Neuschulden noch 7,3 Prozent aus. Doch das angepeilte Ziel der Schuldenreduzierung rückt 2011, angesichts der tiefen politischen Krise, in immer weitere Ferne.

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