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Anhänger des brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro blockieren die Autobahn BR-251 während einer Demonstration gegen den gewählten Präsidenten Luiz Inacio Lula da Silva, der nach der Stichwahl eine dritte Amtszeit gewann, in Planaltina, Brasilien, 31. Oktober 2022.

© REUTERS/Diego Vara

Update

Präsident nach Wahlniederlage abgetaucht: Bolsonaro-Anhänger errichten mehr als 250 Straßensperren

Nach seiner Niederlage schweigt der Staatschef weiter. Unterdessen protestieren seine Unterstützer gegen das Wahlergebnis. Wichtige Verkehrsachsen sind blockiert.

Aus Protest gegen den Sieg des Linkspolitikers Luiz Inácio Lula da Silva bei der Präsidentschaftswahl in Brasilien errichten Anhänger des rechtsextremen Amtsinhabers Jair Bolsonaro an immer mehr Orten Straßensperren. Mittlerweile gebe es in mindestens 23 der 27 brasilianischen Bundesstaaten insgesamt mehr als 250 teilweise oder vollständige Straßensperren, teilte die Bundesverkehrspolizei (PRF) am Dienstagmorgen mit.

„Nein zu Lula!“, skandierten Demonstranten an einer Brücke in São Paulo. Dort wurden gleich mehrere Straßen blockiert, darunter eine große Verbindungsstraße, die nach Rio de Janeiro führt.

Am Montagabend sorgte die Blockade von Straßen rund um den Guarulhos-Flughafen in São Paulo, den größten internationalen Flughafen des Landes, für die Streichung mehrerer Flüge. Besonders viele Straßensperren wurden aus dem südlichen Bundesstaat Santa Catarina gemeldet, in dem fast 70 Prozent der Wähler für Bolsonaro gestimmt hatten.

Befürchtete Gewaltausbrüche blieben aus

Es entstanden kilometerlange Staus, die das Fortkommen der Brasilianer vor dem Feiertag Allerseelen am Mittwoch erheblich beeinträchtigten. Einige Protestierende hängten der „Folha“ zufolge brasilianische Fahnen an ihre LKW, manche beschimpften auch den gewählten Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva.

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Die zu Bolsonaros Unterstützern gehörenden Trucker sind in Brasilien eine mächtige Berufsgruppe, weil ein großer Teil des Gütertransports in dem Land auf der Straße erfolgt. Sie sind zudem dafür bekannt, mit ihren Blockaden ein wirtschaftliches Chaos in der Exportnation zu verursachen.

Die befürchteten Gewaltausbrüche blieben zwar aus. Allerdings kam es laut „Folha“ zu Tumulten. Der Präsident des Obersten Wahlgerichts wies die Polizei an, die Blockaden zu beenden. Kommunikationsminister Fabio Faria teilte unterdessen im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Reuters mit, der bislang untergetauchte Bolsonaro arbeite mit dem Generalstaatsanwalt an der Räumung der Autobahnen mit.

Der oberste Gerichtshof ordnete an, die Blockaden sofort zu beenden

Bereits am Dienstag beschränkte die Polizei in der Hauptstadt Brasília den Zugang zur Plaza de los Tres Poderes (Platz der drei Gewalten). An dem Platz befinden sich der Sitz des Präsidenten, das Parlament und Brasiliens Oberster Gerichtshof. Die Einschränkungen seien eine Vorsichtsmaßnahme angesichts von Protestaufrufen im Internet, hieß es.

Ein Richter des Obersten Gerichtshofs ordnete am Montagabend die „sofortige Beendigung der Blockade der öffentlichen Autobahnen und Straßen“. Die Bundesverkehrspolizei müsse dazu alle notwendigen Schritte ergreifen.

Bolsonaro-Anhänger protestieren gegen die Wahlergebnisse und besetzen eine Straße in der Region Ponte das Bandeiras.
Bolsonaro-Anhänger protestieren gegen die Wahlergebnisse und besetzen eine Straße in der Region Ponte das Bandeiras.

© Foto: IMAGO/Fotoarena/Roberto Casimiro

Sollte ihr Generaldirektor nicht dafür sorgen, drohe ihm eine Geldstrafe oder sogar Gewahrsamnahme wegen „Ungehorsams“, hieß es in einer Mitteilung des Obersten Gerichts. PRF-Chef Silvinei Vasques steht in der Kritik, weil er am Wahltag in einem Instagram-Eintrag zur Stimmabgabe für Bolsonaro aufgerufen hatte.

Der linke Ex-Präsident Lula (2003-2010) hatte die Stichwahl um das Präsidentenamt im größten Land Lateinamerikas knapp gewonnen. Er kam am Sonntag auf 50,9 Prozent der Stimmen, wie das Wahlamt in Brasília bekanntgab. Staatschef Bolsonaro erhielt demnach 49,1 Prozent.

Wann reagiert Bolsonaro?

Seit der Wahl ist Bolsonaro abgetaucht. Am Montag (Ortszeit) zeigte sich der amtierende Präsident weder in der Öffentlichkeit, noch äußerte er sich zu dem knappen Wahlsieg seines Herausforderers Lula da Silva. Medienberichten zufolge verbrachte er den Morgen in seiner Residenz in Brasília und fuhr dann zu Gesprächen in den Amtssitz des Präsidenten. Demnach versuchten mehrere Minister und Berater ihn davon zu überzeugen, seine Niederlage einzuräumen.

Kommunikationsminister Fabio Faria sagte der Nachrichtenagentur Reuters, dass Bolsonaro sich erst am Dienstag öffentlich zu seiner Niederlage äußern werde. Dieser sei am Montagabend in seine Residenz zurückkehrt, um seine Rede vorzubereiten. Zuvor hatte der Vorsitzende einer verbündeten Partei, Claudio Cajado, erklärt, Bolsonaro werde am Montag eine Rede an die Nation halten. Es war nicht klar, ob Bolsonaro seine Niederlage eingestehen würde.

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Das anhaltende Schweigen des Präsidenten schürt Befürchtungen hinsichtlich der Machtübergabe am 1. Januar an Lula. Im Vorfeld der Abstimmung hatte der rechte Amtsinhaber immer wieder Zweifel am Wahlsystem gestreut und angedeutet, das Ergebnis möglicherweise nicht anzuerkennen.

Lula-Team bereitet Regierungswechsel auch ohne Bolsonaros Mithilfe vor

Zumindest mehrere seiner Verbündeten, darunter der mächtige Parlamentspräsident Artur Lira, erkannten Bolsonaros Niederlage an. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne), Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der französische Präsident Emmanuel Macron oder US-Präsident Joe Biden gratulierten Lula bereits zu dessen Sieg.

Argentiniens Präsident Alberto Fernández reiste sogar gleich am Montag in das Nachbarland, um Lula persönlich zu beglückwünschen. Die beiden Männer trafen sich in einem Hotel in São Paulo und umarmten sich, wie am Montag in einem von Fernández auf Twitter veröffentlichten Video zu sehen war. „Meine ganze Liebe, Bewunderung und Achtung, lieber Genosse“, schrieb der argentinische Staatschef.

Lulas Team bereitete sich unterdessen bereits auf einen Regierungswechsel ohne die Mithilfe des amtierenden Staatschefs vor. „Ich hoffe, dass zum Wohle Brasiliens und des brasilianischen Volkes Normalität Einzug halten wird. Wenn der Präsident, wenn Jair Bolsonaro nicht teilnehmen möchte, ok“, sagte die Vorsitzende von Lulas Arbeiterpartei (PT) und Leiterin der Wahlkampagne, Gleisi Hoffmann, am Montag im Fernsehsender Globo News.

Zumindest auf der Arbeitsebene gab es erste Kontakte. So sprachen Medienberichten zufolge der Kommunikationschef von Lulas Wahlkampagne, Edinho Silva, am Montag mit Bolsonaros Kabinettschef Ciro Nogueira. Zudem telefonierte Lulas künftiger Vize-Präsident Geraldo Alckmin mit Bolsonaros Stellvertreter Hamilton Mourão.

„Der Regierungswechsel ist gesetzlich geregelt. Das ermöglicht uns, die Machtübergabe zu vollziehen, unabhängig von der Beteiligung des Präsidenten“, sagte PT-Chefin Hoffmann. Lula wird am 1. Januar 2023 sein Amt antreten. (dpa,AFP)

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