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Auf der Überholspur. Anhänger von Premierminister Hashim Thaci feierten schon in der Nacht zum Montag den Wahlsieg, obwohl Ergebnisse noch gar nicht vorlagen.

© Armend Nimani/AFP

Sieg der Schlange: Regierungschef Thaci klarer Wahlsieger im Kosovo

Die Partei von Premier Hashim Thaci hat die Wahl im Kosovo gewonnen. Die Reformkräfte scheitern. Landesweit hat nicht einmal jeder zweite der 1,6 Millionen Wahlberechtigten seine Stimme abgegeben.

Berlin - Die Schlange hat es wieder geschafft. Lange vor der Verkündung des offiziellen Wahlergebnisses im Kosovo erklärte sich der alte – und wahrscheinlich auch künftige – Regierungschef zum Wahlsieger: Hashim Thaci, 42, Chef der Demokratischen Partei (PDK) und ehemaliger Führer der Rebellenorganisation UCK, Spitzname Schlange. Schon in der Nacht nach der Wahl vom Sonntag ließ sich der drahtige Ex-Kämpfer in der Hauptstadt Pristina von seinen Anhängern feiern. „Der Sieg gehört uns“, rief er ihnen zu. Seine Gegner machte das misstrauisch.

Am Montag dann, 24 Stunden nach Schließung der Wahllokale, teilte die Wahlkommission mit, dass Thacis Partei 36 Prozent, die oppositionelle Demokratische Liga (LDK) von Pristinas Bürgermeister Isa Mustafa 24 Prozent der Stimmen gewonnen habe. Da Mustafa eine neue Koalition mit der PDK vor der Wahl ausgeschlossen hatte, dürfte die Regierungsbildung in Pristina schwierig werden. Und auch die Erfüllung eines der wichtigsten Wahlversprechen Thacis wird nicht einfach sein: Mit ihm, so hatte er im Wahlkampf dreist behauptet, bekämen die Kosovaren innerhalb von 15 Monaten freien Eintritt in den Schengenraum der EU. Dass die Aufhebung des Visazwangs an Voraussetzungen geknüpft ist, die das Kosovo im Gegensatz zu Serbien und Bosnien-Herzegowina etwa bisher nicht erfüllt, sagte er nicht.

Wahlbeobachter der EU äußerten ebenfalls Zweifel an den Ergebnissen in den PDK-Hochburgen Srbica und Glogovac, vor allem an der von dort gemeldeten Wahlbeteiligung von mehr als 90 Prozent. Landesweit hat nicht einmal jeder zweite der 1,6 Millionen Wahlberechtigten seine Stimme abgegeben. Das Kosovo müsse „mit der Kultur der Straflosigkeit brechen“, sagte die CDU-Europaabgeordnete Doris Pack, was Beobachter auch als Anspielung auf Korruptions- und Kriminalitätsvorwürfe gegen die frühere Regierung werteten. Die EU überwacht zwar den Aufbau rechtsstaatlicher Strukturen, dennoch wurde bisher nur ein Regierungsmitglied, Transportminister Fatmir Limaj, verhaftet. Er soll unter anderem Gelder für den Straßenbau veruntreut haben. Doch Limaj ist nicht der einzige PDK-Politiker mit zweifelhaften Nebeneinkünften. Im Volksmund wurde die Kandidatenliste der PDK auch Interpol-Liste genannt. Premier Thaci wird in Berichten westlicher Geheimdienste gar als Schlüsselfigur der Organisierten Kriminalität bezeichnet. Reformen wird es mit diesem Personal auch künftig nicht geben.

Ein weiterer Name, der in geheimen Dossiers auftaucht, ist der von Ramush Haradinaj, auch er ein UCK-Veteran und Führer der Allianz für die Zukunft (AAK). Haradinaj galt als einziger ernst zu nehmender Herausforderer Thacis, muss sich allerdings derzeit vor dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag verantworten und seine Partei, dadurch geschwächt, kam auf nur knapp elf Prozent.

Als mögliches Regierungsbündnis zeichnet sich ein Zusammengehen Thacis mit der Partei des Unternehmers Behgjet Pacolli ab. Der Besitzer des Schweizer Mabetex-Baukonzerns soll auch geschäftlich eng mit Thaci verbandelt sein. In der Vergangenheit bekam er den Zuschlag für lukrative Projekte. Seine Neue Allianz für das Kosovo (AKR) erhielt sieben Prozent der Stimmen. Thaci könnte zudem Minderheiten an der Regierung beteiligen, für die laut Verfassung 15 Prozent der 120 Sitze im Parlament reserviert sind.

Für die Zukunft wird aber mit einer weiteren Kraft zu rechnen sein: der Bewegung für Selbstbestimmung (LPV) des Nationalisten Albin Kurti. Sie fordert den Abzug der EU und tritt für ein Großalbanien ein. Mit den radikalen Parolen des Parteichefs wurde sie aus dem Stand mit rund 12 Prozent drittstärkste Kraft. Die Hoffnungsträger westlicher Diplomaten, eine Gruppe junger Wirtschaftsfachleute, die unter dem Namen „Neuer Geist“ angetreten waren, schaffte den Sprung ins Parlament nicht.

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