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Ursprünglich sollten die Wahlen bereits am 11. Juli stattfinden. Damals stand noch Frauke Brosius-Gersdorf zur Kandidatur.

© Imago/photothek/Thomas Imo

Richterwahl im zweiten Anlauf: Für einen der Kandidaten könnte es eng werden

Der Bundestag stimmt diese Woche über die drei neuen Verfassungsrichter ab. Schwarz-Rot gibt sich geschlossen – weil ein neuer Koalitionskrach um jeden Preis vermieden werden soll.

Stand:

Allein die Vorstellung, es könnte noch einmal schiefgehen: Ein CDU-Bundestagsabgeordneter sagt, er wisse nicht, ob Schwarz-Rot eine weitere Katastrophenwoche vom Ausmaß der Woche im Juli aushielte. Ein prominenter Sozialdemokrat sei ein guter Bekannter von ihm. Der wisse es auch nicht.

Am Donnerstag wird die schwarz-rote Koalition versuchen, ihre drei Kandidaten für die zu besetzenden Richterstellen am Bundesverfassungsgericht durch den Bundestag zu bringen. Der letzte Anlauf musste im Juli kurzfristig abgesagt werden, weil sich zu viele Unionsabgeordnete weigerten, die SPD-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf zu wählen. Unionsfraktionschef Jens Spahn hatte das Problem erst spät kommen sehen.

Ein zweites Desaster soll unbedingt vermieden werden. Im schlimmsten Fall könnte die Wahl am Donnerstag erneut abgesagt werden. Es gäbe einen gewaltigen Knall mit kaum absehbaren Folgen.

Am Montag wird Emmenegger befragt

Einen ersten kritischen Moment gibt es an diesem Montagabend. Dann tagt der Wahlausschuss, wo zwar offiziell nur Sigrid Emmenegger, die nachgerückte Kandidatin, befragt wird. Aber indirekt geht es auch um die Wahlchancen des CDU-Kandidaten.

In der Unionsfraktion ist man davon überzeugt, dass die Wahl Emmeneggers glatt geht. In den eigenen Reihen sei dieses Mal kein nennenswerter Widerwille zu spüren, heißt es. Im Gegenteil: Viele Abgeordnete seien geradezu angetan von der Richterkandidatin.

Erstens fühlten sie sich diesmal besser in den Entscheidungsprozess eingebunden. Es gab mehrfach direkten Kontakt zur Kandidatin, nicht bloß auf Vorstandsebene. Zweitens verweisen Unionsabgeordnete auf die Tatsache, dass Emmenegger seit 2021 als Richterin am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig arbeitet.

Kandidatin Sigrid Emmenegger wird am Montagabend vom Wahlausschuss befragt.

© Ministerium der Justiz Rheinland-Pfalz/-

Drittens spricht für sie, dass alle Suchen, irgendetwas Skandalisierbares über ihre Person zu finden, ergebnislos blieben. Viertens, und dieser Punkt fällt ganz besonders ins Gewicht, möchte die Unionsfraktion in dieser Woche unbedingt den Eindruck einer zerstrittenen Koalition vermeiden – oder zumindest den Vorwurf, den Streit selbst losgetreten zu haben.

Neben Emmeneggers Wahl gilt in der Union intern auch die Zustimmung zur zweiten SPD-Kandidatin Ann-Katrin Kaufhold als sicher. Mehr Brisanz verspricht die Wahl des CDU-Kandidaten Günter Spinner. Um unabhängig vom Stimmverhalten der AfD auf die erforderliche Zweidrittelmehrheit zu kommen, benötigt Spinner Stimmen aus dem Lager der Linkspartei. Sollte dies nicht im Vorfeld gesichert sein, findet überhaupt keine Wahl statt.

Die Linksfraktion hat noch keine Entscheidung getroffen. Clara Bünger, innenpolitische Sprecherin der Fraktion, kritisiert „das riesige Chaos, das die Union angerichtet hat”. Es müsse sichergestellt werden, dass sich Ereignisse wie im Juli nicht wiederholten.

Wir werden der Union nicht hinterherlaufen. Das ist schon mal klar.“

Clara Bünger (Die Linke)

Jedoch sei bedauerlich, dass die Union sich dem Gesprächswunsch ihrer Partei verweigere. „Wir hätten erwartet, dass sie aus ihrem Debakel gelernt hat und zumindest klarstellt, dass sie ihren Kandidaten keinesfalls mit Stimmen der AfD wählen will. Das ist nicht passiert“, sagt Bünger. Und dann noch: „Wir werden der Union nicht hinterherlaufen. Das ist schon mal klar.“

Allerdings hört man aus der Linksfraktion auch, dass bereits genügend einzelne Abgeordnete zugesichert hätten, Spinner in jedem Fall zu wählen – um ein Szenario auszuschließen, bei dem es am Ende auf die AfD ankäme. Im Juli hatte Bundestagsvizepräsident Bodo Ramelow genau das angekündigt.

Diesmal sagt es keiner öffentlich. Dennoch ist das Signal auch bei der SPD und den Grünen angekommen, die einen Wahlgang mit Zufallsergebnissen unbedingt ausschließen wollen. Sollten es sich die betreffenden Linken-Abgeordneten anders überlegen, werde man die Wahl abblasen, heißt es intern.

Für die Union kommt ein Gespräch mit der Linken weiterhin nicht infrage. Zwar gibt es unter einigen Abgeordneten Verständnis für die Forderung nach einem Treffen. Der Zeitpunkt sei jedoch nicht der richtige.

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