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Berlin: Plakate gegen den Verkauf von Mietwohnungen an die Deutsche Wohnen SE hängen an einer Gebäudefassade in der Karl-Marx-Allee.

© Christoph Soeder/dpa

Berlin-Friedrichshain: Richtig, weil es um die Deutsche Wohnen geht

Die Kommunalisierung der Wohnungen in der Karl-Marx-Allee ist ein gutes Signal. Ohne solche Schritte wird die soziale Mietenpolitik scheitern. Ein Kommentar.

Wir kaufen uns die Stadt zurück! Es ist ein werbewirksamer Slogan, mit dem Rot-Rot-Grün in Berlin gegen private Immobilienkonzerne zu Felde ziehen will. Der juristisch und finanziell gewagte Versuch, halbwegs preisgünstige Wohnungen im Zentrum der Hauptstadt vor dem Zugriff von Spekulanten zu retten, hat jetzt auch einen Namen.

In der Karl-Marx-Allee haben die Mieter die Möglichkeit, ihre Wohnungen mit einer komplizierten Transaktion an die städtische Wohnungsbaugesellschaft Gewobag weiterzureichen – um so zu verhindern, dass sie mit der Deutsche Wohnen einen Vermieter bekommen, den niemand gerne haben möchte.

Der Senat ist bereit, für diese auf wenige Hundert Mieter beschränkte Rettungstat ein öffentliches Wohnungsunternehmen hoch zu belasten. Es geht um zweistellige Millionenbeträge für eine Kommunalisierung im Kleinformat. Und warum profitieren ausgerechnet die Bewohner ausgesuchter Wohnblöcke in Friedrichshain davon?

Ganz einfach: Sie sind gut organisiert, politisch gut vernetzt und sie haben laut genug getrommelt. Sollten SPD, Linke und Grüne solche Ankaufgeschäfte in anderen Kiezen wiederholen, sollten sie dafür erst einmal brauchbare Kriterien entwickeln. Gleiches gilt für die Wahrnehmung kommunaler Vorkaufsrechte und den Erwerb privater Grundstücke für die öffentliche Daseinsvorsorge.

Ob solche kleinteiligen Aktionen, die viel Geld kosten, wohnungs- und mietenpolitisch effektiv sind, darf zwar bezweifelt werden. Trotzdem ist der Deal in der Karl-Marx-Allee ein richtiges Signal, weil es um die Deutsche Wohnen geht.

Ein bundesweit agierender Immobilienhai, der sich mit einer aggressiven Wachstumsstrategie auf Kosten der eigenen Mieter einen schlechten Namen gemacht hat. In Berlin gehören dem Konzern mehr als 100.000 Wohnungen. Zum Vergleich: Die größte städtische Wohnungsbaugesellschaft Degewo verfügt über 75.000 Wohnungen.

Angesichts von 1,6 Millionen Mietwohnungen, die es in Berlin gibt, hat die Deutsche Wohnen zwar keine Monopolstellung. Aber das Unternehmen nutzt seine Marktmacht rücksichtslos aus, verdirbt die Atmosphäre und ist mit seiner Geschäftspolitik zum Leitwolf anderer großer Immobilieninvestoren in Berlin geworden. Es wird Zeit, dass ein großes Stoppschild aufgestellt wird.

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Die Karl-Marx-Allee ist das nicht. Aber ein erfolgreiches Volksbegehren "Deutsche Wohnen & Co enteignen!", das voraussichtlich im Frühjahr mit der Unterschriftensammlung startet, könnte den politischen und rechtlichen Druck auf jene großen Player auf dem privaten Wohnungsmarkt massiv erhöhen, die sich der gesellschaftlichen Mitverantwortung für die Erfüllung des Grundrechts auf angemessenen Wohnraum für jeden Berliner systematisch entziehen.

Auch wenn die Initiatoren des Volksbegehrens in Geste und Sprache unangenehm revoluzzerhaft daherkommen: Es ist ein Schritt in die richtige Richtung. Ohne die Rekommunalisierung von Wohnraum in großem Stil wird eine soziale Mietenpolitik für Berlin scheitern.

Es sollte auch nicht vergessen werden, dass von der Privatisierung der landeseigenen Wohnungsunternehmen Gehag und GSW vor 15 Jahren, als Berlin aus dem letzten Loch pfiff und dringend frisches Geld brauchte, letztlich die Deutsche Wohnen profitierte. Sie übernahm vor einigen Jahren die ehemals von US-Investoren gekauften Kommunalbestände. Nun schlägt das Pendel in die andere Richtung aus.

Ulrich Zawatka Gerlach

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