Politik: Sächsische Landesregierung: Staatsputzfrauenaffäre
Das Lied ist bekannt. Wäre er nicht 1990 als Ministerpräsident nach Sachsen gekommen, dann hätte er in der Wirtschaft deutlich mehr Geld verdienen können.
Das Lied ist bekannt. Wäre er nicht 1990 als Ministerpräsident nach Sachsen gekommen, dann hätte er in der Wirtschaft deutlich mehr Geld verdienen können. Immer wenn sich Sachsen Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) von Undank umgeben sieht, lässt er diese Strophe hören, und das ist den vergangenen Wochen öfter als sonst der Fall gewesen. Erst musste er im so genannten Paunsdorf-Untersuchungsausschuss des Landtages wegen eines Immobiliengeschäfts des Freistaates mit einem seiner persönlichen Freunde aussagen, dann geriet das teils vom Staat unterhaltene Büro seiner Frau Ingrid wegen vermeintlich zu üppiger Personalausstattung in die Kritik und unlängst erst warf er seiner Partei Vertrauensschwund im Zuge der Nachfolgedebatte vor, die er mit der Entlassung seines Finanzministers Georg Milbradt (CDU) selbst losgetreten hatte.
Nun muss er sich Fragen über seine private Lebensführung gefallen lassen, die Frage nämlich, wie viel Miete er zahle und wer denn eigentlich die Putzfrau entlohne? Die Biedenkopfs wohnen im noblen Dresdner Stadtteil Loschwitz am Elbhang. Ende der 80er Jahre hatte dort in der Schevenstraße die Stasi ein Gästehaus gebaut. Nach 1990 wurde daraus das Gästehaus der neuen Staatsregierung. In jenen Jahren, als Wohnungen und Hotels in Dresden knapp waren, bevölkerten Minister und Staatssekretäre die 15 Zimmer. Von der "Regierungs-WG" war die Rede, mit Kabinettsrunden beim morgendlichen Frühstückskaffee und der Ministerpräsidentengattin als Hausfrau. Die Minister und Staatssekretäre haben sich längst eigene Häuschen gebaut und sind ausgezogen. Geblieben sind die Biedenkopfs, 15 Zimmer, Putzfrau, Koch, Gärtner, Hausmeister, insgesamt fünfeinhalb Mitarbeiter, die den Steuerzahler jährlich 300 000 Mark kosten. Jetzt prüft der Rechnungshof.
Nach Angaben der Regierung zahlt Biedenkopf für vier Zimmer mit insgesamt 155 Quadratmetern seit Juli 1997 eine Warmmiete von 1857,03 Mark, ohne Küchenbenutzung, was einem Quadratmeterpreis von 11,95 Mark entspricht. Auf dem Wohnungsmarkt dürfte der Mietpreis in ähnlicher Wohnlage deutlich über 15 Mark liegen. Das sei nicht zu vergleichen, heißt es dazu im Finanzministerium. Es wird auf einen Mietvertrag mit der Treuhand-Liegenschaftsgesellschaft verwiesen, bei dem mit dem Freistaat eine Kaltmiete von 8,15 Mark je Quadratmeter vereinbart wurde.
Bleibt die Putzfrau. Staatskanzleichef Georg Brüggen verweist darauf, dass der überwiegende Teil dienstlicher Abendessen, Gespräche und Verhandlungen in der Schevenstraße mit dem dort vorhandenen Personal veranstaltet würden, im Übrigen unter unbezahlter Mithilfe der Frau des Ministerpräsidenten. Das sei sparsamer, als diese Ereignisse in Hotels zu verlagern. Es wird darauf verwiesen, dass der Ministerpräsident im Vorjahr nur 50,6 Prozent seines Verfügungsfonds in Anspruch genommen habe. "Wir werden uns nicht vorrechnen lassen, ob das Ehepaar Biedenkopf seine Wurstscheiben privat oder öffentlich gegessen hat", sagt Regierungssprecher Michael Sagurna.
Die SPD im Landtag will nun genauer wissen, wie hoch der Anteil ist, den die Beschäftigten im Gästehaus für den Privathaushalt der Biedenkopfs aufbringen. Die CDU spricht von einer "Neid- und Diffamierungskampagne", die in den Medien gegen den Ministerpräsidenten und seine Frau geführt werde. Damit solle Biedenkopf gedemütigt, sein Ansehen und das des Freistaates Sachsen geschädigt werden.
Ralf Hübner