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Die Linke: Scheiden muss wehtun

Linke Streitkultur: Der künftige Ex-Vorsitzende Lafontaine und der künftige Ex-Geschäftsführer Bartsch befehden sich.

Berlin - Nach wochenlangem Schweigen zum Führungsstreit in der Linken hat der scheidende Parteivorsitzende Oskar Lafontaine erstmals öffentlich mit Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch abgerechnet. In der parteinahen Zeitung „Neues Deutschland“ warf Lafontaine Bartsch am Wochenende „niederträchtiges Verhalten“ vor. Bartsch habe „Interna aus der engsten Führung“ ausgeplaudert und sei außerdem „Stichwortgeber für Kampagnenjournalismus“ gewesen, der sich gegen die Linke richte. Außerdem habe er den Landesverband Nordrhein-Westfalen, der schwierige Wahlen vor sich habe, nicht unterstützt.

Bartsch, der auf dem Parteitag im Mai nicht erneut als Bundesgeschäftsführer kandidieren wird, wies die Kritik am Montag zurück. „Die Vorwürfe, die er äußert, treffen nicht zu. Ich verbitte mir das“, sagte Bartsch. Er werde sich jedoch daran halten, öffentlich keine Kritik an Personen zu äußern. „Das hat in entsprechenden Gremien stattzufinden. Dem ist nichts hinzuzufügen.“

Nach wochenlangem Machtkampf in der Linkspartei war Bartsch Anfang des Jahres zum Rückzug gedrängt worden. Gregor Gysi, Vorsitzender der Bundestagsfraktion, hatte ihm vorgeworfen, sich illoyal gegenüber dem Parteivorsitzenden Lafontaine verhalten zu haben. Später bot er Bartsch jedoch an, einer seiner Stellvertreter in der Bundestagsfraktion zu werden. Bartsch nimmt seine Aufgabe als Bundesgeschäftsführer noch bis zum Parteitag im Mai in Rostock wahr, wird dann aber nicht erneut für ein Parteiamt kandidieren.

In einer ersten Reaktion hatte Lafontaine gesagt, er habe Gysis Worten nichts hinzuzufügen. Doch nun kritisiert er den Bundesgeschäftsführer in dem Interview heftig. Dieser habe unter anderem gegen „Regel Nummer drei“ verstoßen, moniert Lafontaine: „Der Bundesgeschäftsführer darf einem Parteivorsitzenden nicht in den Rücken fallen.“ Nachdem er im November vergangenen Jahres durch einen „Spiegel“-Bericht gezwungen gewesen sei, seine Krebserkrankung öffentlich zu machen, habe Bartsch einen Zusammenhang zwischen dem Verzicht auf den Fraktionsvorsitz und der Krebserkrankung ausgeschlossen. Dieses Verhalten habe er in der letzten Parteivorstandssitzung als „niederträchtig“ bezeichnet, sagt Lafontaine und behauptet weiter: „Es gab auch keinen Widerspruch.“

Diese Darstellung wird allerdings von Mitgliedern des Parteivorstands als falsch zurückgewiesen: „Der Vorwurf ist in der Sitzung nicht erhoben worden. Wenn Bartsch niederträchtiges Verhalten unterstellt worden wäre, hätte es Widerspruch gegeben“, sagte der Landesvorsitzende der Linken in Sachsen-Anhalt, Matthias Höhn, dem Tagesspiegel. Es sei bedauerlich, dass nun erneut „absurde Vorwürfe“ gegen den Bundesgeschäftsführer erhoben würden, die durch nichts belegt seien und auch durch ihre Wiederholung nicht besser würden. „Die Art des Umgangs, die wir in der Partei mittlerweile pflegen, ist alles andere als erfreulich“, sagt Höhn.

Ende vergangenen Jahres hatten mehrere Landeschefs aus dem Westen in Briefen an Gysi Zweifel daran geäußert, dass Bartsch charakterlich als Bundesgeschäftsführer geeignet sei. Nachdem dieser zum Rückzug bewegt worden war, beklagte Parteichef Lothar Bisky, dass in seiner Partei der „Stalinismus durch die Hintertür“ wieder eingeführt werden solle. Vor allem in den ostdeutschen Landesverbänden herrscht große Verärgerung darüber, wie mit Bartsch umgegangen wurde. Mit seinen aktuellen Äußerungen streut Lafontaine erneut Salz in die Wunde. Der Berliner Landeschef Klaus Lederer äußerte Zweifel daran, „dass diese Art des Nachwaschens dazu beiträgt, die innerparteilichen Diskussionen zu versachlichen“. Dem Tagesspiegel sagte Lederer: „Mancher Vorwurf sagt mehr über denjenigen aus, der ihn äußert, als über denjenigen, den er treffen soll.“

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