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Politik: Schlechte Eltern sollen Bußgeld zahlen

Berlins SPD-Chef will Strafen für Familien von Schulschwänzern und Gewalttätern – Jugendrichter dafür

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Berlin - Die Berliner SPD will in der Hauptstadt ein Eltern-Bußgeld einführen. Dies wäre eine bundesweit einmalige Regelung. Berlins SPD-Chef Michael Müller hat vorgeschlagen, auf diese Weise gegen Eltern vorzugehen, die ihren Erziehungspflichten nicht nachkommen. Sein Vorschlag erfährt in den eigenen Reihen, Teilen der Opposition und bei Jugendrichtern Zustimmung. Umstritten ist allerdings, ob Müllers Idee in vollem Umfang rechtlich umsetzbar ist.

Der SPD-Rechtsexperte Fritz Felgentreu sagte, er sehe keine rechtlichen Probleme, den Vorschlag umzusetzen, da Bußgelder auf Landesebene geregelt werden können. Jetzt müsse nur noch das Konzept ausgearbeitet werden. Demnach sollen vor allem Eltern von Schulschwänzern und gewalttätigen Kindern belangt werden, wenn sie sich den Gesprächen mit Jugendämtern und anderen Behörden entziehen. „Was sollen wir sonst machen, um kooperationsunwillige Eltern zu erreichen?“, fragt Neuköllns Bildungsstadtrat Wolfgang Schimmang (SPD). Er hielte „50 oder 100 Euro“ für richtig. Damit habe Neukölln bei Schulschwänzern bereits gute Erfahrungen gemacht: Innerhalb eines Jahres wurden knapp 200 Bußgeldbescheide zugestellt.

Als „richtigen Ansatz“ bezeichnet auch die langjährige Jugendrichterin Kirsten Heisig den Vorschlag. Um kriminelle Karrieren zu verhindern, müssten die Schulen früher und entschiedener eingreifen, fordern Heisig und Kollegen seit Monaten. Viele junge Straftäter hätten schon in der Grundschule regelmäßig geschwänzt. „Ohne Druck ist bei der einschlägigen Klientel wenig zu erreichen.“Berlins Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) will sich offenbar bedeckt halten, bis die rechtlichen Möglichkeiten abschließend geklärt sind. Es sei gut, wenn der Staat im Interesse der Kinder Zeichen setze, sagt von der Aue. „Die vorgeschlagene Maßnahme sollte nicht in erster Linie Bestrafung der Eltern sein, sondern dem Wohl der Kinder dienen.“ Auch Bildungssenator Zöllner äußerte sich zurückhaltend: Die Senatsverwaltung für Bildung prüfe, „ob ein solches Bußgeld rechtlich machbar ist“, sagte Zöllner dem Tagesspiegel. „Natürlich ist die Verantwortung der Eltern in der Erziehung sehr wichtig. Ohne sie werde man Jugendlichen kaum helfen können.

Koalitionspartner Linkspartei ist über Müllers Vorschlag nicht begeistert. „Die meisten dieser Eltern haben ohnehin schon finanzielle Probleme“, sagte die innenpolitische Sprecherin Marion Seelig. Deshalb werde man Geld von vielen kaum eintreiben können. Peter Schruth, Professor für Recht in der Sozialen Arbeit an der Hochschule Magdeburg, hält Bußen für nachlässige Eltern sogar für rechtswidrig und einen Eingriff ins Erziehungsrecht der Eltern. Stattdessen müsse man „motivieren und zur Mitarbeit gewinnen“.

FDP-Bildungsexpertin Mieke Senftleben hält es für sinnvoller, Eltern, die ihren Pflichten nicht nachkommen, in sogenannte Elternkurse zu schicken. Als „politischen Unsinn“, bezeichnete der Innenpolitik-Sprecher der Grünen, Volker Ratzmann, die Bußgeld-Idee. Die CDU reagierte zustimmend. „Wir müssen alle Möglichkeiten ausschöpfen“, sagte der innenpolitische Sprecher Frank Henkel. kf/sast/sve/tabu

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