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Politik: Schröder in London: Tony Blair will keinen EU-Superstaat

Tony Blair hat Bundeskanzler Schröder bei dessen gestrigem Blitzbesuch in London sicherlich geklagt, wie wenig hilfreich er die jüngsten Bemerkungen Joschka Fischers findet. Die Anregung von Bundesaußenminister Fischer, den Präsidenten der EU-Kommission zu wählen statt durch die Regierungen der Mitgliedsstaaten zu bestimmen, werten britische Europagegner als Angriff auf die Souveränität des Königreichs.

Tony Blair hat Bundeskanzler Schröder bei dessen gestrigem Blitzbesuch in London sicherlich geklagt, wie wenig hilfreich er die jüngsten Bemerkungen Joschka Fischers findet. Die Anregung von Bundesaußenminister Fischer, den Präsidenten der EU-Kommission zu wählen statt durch die Regierungen der Mitgliedsstaaten zu bestimmen, werten britische Europagegner als Angriff auf die Souveränität des Königreichs.

In Hinblick auf die im nächsten Jahr mit hoher Wahrscheinlichkeit anstehenden Wahlen ist Tony Blair zu einem schwierigen Balanceakt gezwungen. Der Labour-Chef muss einerseits den europäischen Partnern sein "konstruktives Engagement" gegen die "isolationistischen Tendenzen" der Konservativen beweisen, andererseits gegen EU-Pläne kämpfen, die nicht im "nationalen Interesse Großbritanniens sind." Bei seiner jüngsten Rede vor Wirtschafts- und Finanzführern erinnerte Blair daran, dass "dreieinhalb Millionen Jobs in der britischen Industrie von Europa abhängen. Es wäre in hohem Maße dumm, wenn wir uns von dieser bedeutenden strategischen Allianz abschneiden würden". Aber das bedeutet noch lange nicht, dass er beim Gipfel in Nizza nach der europäischen Pfeife tanzen wird: "Wir dürfen nicht abseits stehen und anderen europäischen Ländern erlauben, Entscheidungen zu fällen, die uns schaden. Wenn wir meinen, dass sie wie bei der Steuerharmonisierung falsch liegen, werden wir das klar sagen".

Bei einem Blitzbesuch von Bundeskanzler Schröder gestern in London machte Blair seinen Standpunkt deutlich. London will sein Veto bei Steuern, Sozialleistungen, Verteidigung, Grenzschutz und Vertragsänderungen beibehalten, wenn Entscheidungen dem nationalen Interesse des Königreichs schaden. Blair stellte allerdings in Aussicht, auf das Veto bei Fragen des Umweltschutzes und finanziellen Zuwendungen aus dem Regionalfonds zu verzichten.

Wie über Fischer ist Blair über den Enthusiasmus seines eigenen Außenministers nicht ganz glücklich. In einer betont europafreundlichen Rede verkündete Robin Cook seine "positive Erwartung" zum Gipfel in Nizza, was von Oppositionsführer William Hague als "Trick" geschmäht wurde, mit dem Blair und Cook verschleiern, "dass sie willige Helfershelfer eines europäischen Superstaates sind."

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