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Jens Spahn in der 105. Sitzung des Deutschen Bundestages im Reichstagsgebäude. Berlin, 24.05.2023

© action press/Frederic Kern

Update

„Falsche Anreize“: CDU-Politiker Spahn fordert sofortiges Ende der „Rente mit 63“ – Linke empört

Die Fachkräfte, die früher in Rente gehen, fehlen auf dem Arbeitsmarkt. Jens Spahn will daher die „Rente mit 63“ abschaffen. Linken-Chefin Wissler nennt das respektlos.

| Update:

Unionsfraktionsvize Jens Spahn (CDU) hat angesichts des Fachkräftemangels in Deutschland ein sofortiges Ende der „Rente mit 63“ gefordert. „Die Rente mit 63 kostet Wohlstand, belastet künftige Generationen und setzt die falschen Anreize“, sagte Spahn der „Bild am Sonntag“ (BamS).

„Sie sollte sofort abgeschafft und durch eine bessere Erwerbsminderungsrente ersetzt werden.“ Die Fachkräfte, die früher in Rente gegangen seien, fehlten nun „bitterlich“. Die Linke reagierte empört. Dies sei „eine Respektlosigkeit gegenüber Lebensleistungen hart arbeitender Menschen und eine Rentenkürzung durch die Hintertür“, sagte Parteichefin Janine Wissler am Sonntag.

Den Mangel an Fachkräften bekämpfe man nicht durch ein höheres Renteneintrittsalter, sagte Wissler weiter. „Das macht viele Berufe unattraktiver.“ Nötig seien gute Arbeitsbedingungen, mehr Möglichkeiten zur Weiterbildung, die Stärkung von Tarifverträgen und mehr Ausbildungsplätze.

Für Jens Spahn und die CDU sind Renten offenbar Almosen, die man nach Belieben kürzen kann. Dabei haben sich die Beschäftigten ihre Renten hart erarbeitet.

Janine Wissler, Chefin der Linkspartei

Wissler kritisierte: „Für Jens Spahn und die CDU sind Renten offenbar Almosen, die man nach Belieben kürzen kann. Dabei haben sich die Beschäftigten ihre Renten hart erarbeitet.“

Wer auf dem Bau oder in der Pflege arbeite, erreiche meist nicht einmal diese Altersgrenze und müsse mit Abschlägen früher in Rente, weil der Körper nicht mehr mitmache. Die Forderung nach Abschaffung der Rente mit 63 richte sich gegen Menschen, die körperlich hart und im Schichtdienst arbeiteten.

Die „Rente mit 63“ ist die seit 2014 bestehende Möglichkeit eines frühen Rentenbezugs ohne Abschläge für langjährig Versicherte. Das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung hatte im Dezember mitgeteilt, dass die Menschen in Deutschland immer häufiger früh in Rente.

Viele scheiden demnach bereits mit 63 oder 64 Jahren aus dem Arbeitsmarkt aus – deutlich vor der Regelaltersgrenze. 2021 erfolgte nach Angaben des Instituts fast jeder dritte Zugang zur Altersrente über den Weg der „Rente mit 63“. Die Berechnungen basierten auf den Mikrozensus-Daten zur Entwicklung der Erwerbsbeteiligung.

Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger hatte Ende des Jahres ebenfalls eine Abkehr von der Rente ab 63 in der heutigen Form gefordert. „Die Rente ab 63 hat zu einem Braindrain geführt“, sagte Dulger damals. Viele hoch qualifizierte Arbeitskräfte stünden wegen der Rente ab 63 nicht mehr zur Verfügung – das habe die Unternehmen geschwächt.

FDP-Vize Johannes Vogel fordert in der „Bild am Sonntag“ ein „selbstbestimmtes, flexibles Rentenalter“. Jeder solle selbst entscheiden können, wann er in Rente geht. „Wer länger arbeitet, kriegt dann auch mehr Rente“, sagte er.

Studie: Rente mit 63 kostet Beitragszahler bis 2023 fast 140 Milliarden Euro zusätzlich

Die „BamS“ zitierte aus einer neuen Studie des Forschungsinstituts Prognos im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM), wonach Beitragszahler wegen der Möglichkeit der abschlagsfreien Frühverrentung bis 2035 fast 140 Milliarden Euro zusätzlich zahlen müssen. Außerdem wäre die Fachkräftelücke laut den Studienautoren ohne die Möglichkeit der Rente mit 63 etwa zehn bis 20 Prozent kleiner.

INSM-Geschäftsführer Thorsten Alsleben sagte dazu der Zeitung: „Die Rente mit 63 kostet nicht nur die Beitragszahler Milliarden, sie geht auch zulasten aller Rentnerinnen und Rentner, die keine vergleichbare Bevorzugung bekommen.“ Zudem verschärfe diese Frühverrentung den Fachkräftemangel. „Die Rente mit 63 passt nicht mehr in die Zeit und muss bis spätestens Ende 2030 auslaufen“, forderte Alsleben.

Das Blatt schrieb unter Berufung auf die Studie, eine Abschaffung der Rente mit 63 ab dem kommenden Jahr würde der Beitragssatz bis Ende des Jahrzehnts auf dem heutigen Niveau von 18,6 Prozent stabilisiert, statt auf 19,1 Prozent zu steigen.

Dies hätte demnach bereits 2025 eine Entlastung von rund acht Milliarden Euro für die Beitragszahler zur Folge. (dpa, AFP)

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