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Söders Wunschkandidat zieht zurück: CSU-Politiker Felßner will doch nicht Bundesagrarminister werden
Obwohl umstritten, hätte Felßner einen Posten im Kabinett fast sicher gehabt – nun trifft der 58-Jährige eine unerwartete Entscheidung. Er begründet dies mit den aggressiven Protesten.
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Überraschung aus Bayern: Der Wunschkandidat von CSU-Chef Markus Söder für das Amt des Bundesagrarministers gibt auf, Bayerns Bauernpräsident Günther Felßner zieht sich aus dem Rennen zurück. Das teilte der CSU-Politiker in einer persönlichen Erklärung in München mit.
Vorausgegangen waren breite Proteste von Umwelt- und Tierschützern gegen Felßners mögliche Kür, die am Montag in einer Aktion auf Felßners Hof gipfelten: Aktivisten der Organisation „Animal Rebellion“ protestierten direkt auf dem Gelände.
Das macht etwas mit einem, wenn das Zuhause von deiner Frau, deinen drei Kindern und deinem Vater nicht mehr sicher ist.
Günther Felßner, Bayerns Bauernpräsident
Felßner zufolge hatten seine Frau und ein Mitarbeiter während des Vorfalls „Angst um Leib und Leben“. Die Aktivisten der Organisation Animal Rebellion seien auf seinen Hof vorgedrungen und hätten dort auf dem Dach Bengalos entzündet.
„Das macht etwas mit einem, wenn das Zuhause von deiner Frau, deinen drei Kindern und deinem Vater nicht mehr sicher ist“, sagte Felßner zu den Gründen seines Rückzugs. Berichte, er habe in der CSU womöglich zuvor auch an Rückhalt verloren, seien „kompletter Schwachsinn“.
Ein Sprecher des Polizeipräsidiums Mittelfranken bestätigte den Vorfall auf Felßners Hof. Es seien von der alarmierten Polizei am Montagvormittag zwölf Verdächtige vor Ort angetroffen worden. Diese hätten offensichtlich die Stallung bestiegen und ein Banner mit der Aufschrift „Kein Tierausbeuter als Agrarminister“ aufgehängt. Es seien Ermittlungen wegen Hausfriedensbruchs eingeleitet worden.
Felßner galt in neuer Regierung quasi als gesetzt
„Ich bedaure seinen Rückzug sehr“, sagte Söder am Dienstag in München. Felßner sei „ein exzellenter Fachmann und hervorragender Mensch“.
Söder sagte, die Proteste im Privatbereich Felßners lösten bei ihm „wirkliche Empörung“ aus – „über den Hass, die Hetze und die Radikalität“ der Aktivisten. „Das ist ein kriminelles Verhalten.“
Der bayerische Ministerpräsident forderte „eine Sonderermittlung“ der Polizei – „alles muss aufgeklärt werden“. Die daran beteiligten Gruppen entwickelten sich gefährlich
Söder muss sich damit einen neuen Ministerkandidaten suchen. Er hatte Felßner, der seit 2022 Präsident des Bayerischen Bauernverbands und seit 2023 auch Vizepräsident des Deutschen Bauernverbands ist, schon zum Wahlkampfauftakt im November im als CSU-Wunschkandidaten für das Amt des Bundesagrarministers präsentiert.
Der 58-Jährige blieb dafür auch gesetzt, als er den Bundestagseinzug über die CSU-Landesliste verpasste. Zuletzt sah es so aus, als wäre die Personalie auch schon von CDU-Chef Friedrich Merz abgesegnet. Und von der SPD war bislang kein gesteigertes Interesse an dem Ressort bekannt. Felßners Kür galt damit mindestens als sehr wahrscheinlich.
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Gleichzeitig gewannen Proteste gegen Felßners möglichen Karrieresprung an Fahrt. Kritiker erinnerten etwa an einen Strafbefehl, den der Landwirt vor einigen Jahren akzeptierte, wegen Boden- und Gewässerverunreinigung – es ging dabei um die Einleitung von Sickerwasser aus Silos in den Boden.
Zudem starteten die Organisation Campact und das Umweltinstitut München jeweils Online-Petitionen gegen eine Ernennung Felßners zum Bundesagrarminister: Felßner vertrete einseitig die Interessen der Agrarindustrie, er wolle Klimaschutzmaßnahmen abschaffen, sei ein Umweltsünder und leugne die Gefährdung der Artenvielfalt durch Pestizide.
Campact distanziert sich von Aktion bei Felßner
Christoph Bautz von der Organisation Campact, die mehr als 400.000 Stimmen gegen Felßner gesammelt hatte, erklärte, es sei gut, dass Felßner nicht Agrarminister werde. Er sei als „Cheflobbyist“ des Deutschen Bauernverbands „stark verfilzt mit der Agrarlobby“.
Gleichzeitig distanzierte sich Bautz aber von den Protesten auf Felßners Hof. Protest müsse Grenzen kennen. „Diese wurden mit dem Eindringen in die Privatsphäre von Felßner eindeutig überschritten – derlei Aktionen sind nicht zu legitimieren, und wir distanzieren uns von ihnen“, erklärte Bautz.
Mit Felßners Rückzug dürften die CSU-Kabinettsspekulationen neu an Fahrt gewinnen. In der Regel besteht die CSU-Landesgruppe darauf, Kabinettsposten aus ihren eigenen Reihen besetzen zu können. Söder hatte aber argumentiert, ihm stehe als Parteichef sozusagen das Recht auf eine externe Besetzung zu.
Als mögliche Ersatzkandidatin wird nun vereinzelt schon die bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber gehandelt. Die personelle Besetzung der Ministerposten steht aber am Ende der Koalitionsverhandlungen. (dpa, AFP)
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