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Politik: SPD sieht bei Weißbuch zur Bundeswehr schwarz

Berlin - Im Militärjargon würde man es Schützenhilfe nennen, was der Saar-Ministerpräsident Peter Müller seinem alten Freund aus Jungunionstagen, dem Verteidigungsminister Franz Josef Jung, am Donnerstag leistete. Wenn es im Streit um Bundeswehreinsätze im Inneren keine Bewegung gebe, sagte Müller der „Netzeitung“, „dann wird die Koalition scheitern“.

Von Robert Birnbaum

Berlin - Im Militärjargon würde man es Schützenhilfe nennen, was der Saar-Ministerpräsident Peter Müller seinem alten Freund aus Jungunionstagen, dem Verteidigungsminister Franz Josef Jung, am Donnerstag leistete. Wenn es im Streit um Bundeswehreinsätze im Inneren keine Bewegung gebe, sagte Müller der „Netzeitung“, „dann wird die Koalition scheitern“. Nun ist Müller nicht der, der über das Schicksal des Berliner Bündnisses entscheidet. Aber der Warnschuss zeigt doch, welches Streitpotenzial in dem Thema steckt.

Die SPD nämlich, jedenfalls ihre Verteidigungspolitiker, sehen die Herausforderung genau umgekehrt: „Wir werden es selbstverständlich nicht akzeptieren, wenn versucht würde, die Aufgaben der Bundeswehr im Inneren zu erweitern“, sagt der SPD-Verteidigungssprecher Rainer Arnold. Genau diesen Versuch wittern Arnold und die Arbeitsgruppe Verteidigung der SPD-Fraktion in manchen Passagen des neuen Weißbuchs, dessen ersten Entwurf Minister Jung hat erarbeiten lassen. Vor allem an drei Punkten melden die Sozialdemokraten Widerspruch an: Ein erweiterter Verteidigungsbegriff sei überflüssig, ja gefährlich. Eine Definition verteidigungswürdiger Interessen dürfe nicht national „verkürzt“ werden, sondern erfordere Bündniskonsens. Zuletzt fordert die SPD eine Präzisierung und Einschränkung der nuklearen Teilhabe: Nach Ausmusterung des „Tornado“-Bombers dürfe die Bundeswehr kein neues Atom-Trägersystem bekommen.

Zentraler Streitpunkt ist der Verteidigungsbegriff. In Jungs Entwurf ist von einer neuen Qualität des Terrorismus die Rede, der sich „nach Art, Zielsetzung und Intensität“ mit den herkömmlichen Vorstellungen des Verteidigungsfalls gleichsetzen lasse. Die SPD hingegen besteht auf dem Gegenteil: „Ein Terroranschlag ist ein Fall schwerster Kriminalität, aber kein Kriegsfall.“ Auf Jungs Argument, dann könne er bei Anschlägen wie denen auf das World Trade Center nur tatenlos zuschauen, geben Arnold und sein SPD-Kollege Hans-Peter Bartels eine dreigeteilte Antwort. Erstens, so Arnold, sei seit dem Verfassungsgerichtsurteil zum Luftsicherheitsgesetz dieser Fall grundsätzlich „nicht regelbar“. Zweitens handele es sich insofern um eine „Geisterdebatte“, als die Entführung einer Passagiermaschine als Bombe so wie 2001 heute gar nicht mehr möglich sei. Drittens, so Bartels, sei auch der Fall eines Terror-Flugzeugs, in dem keine Unschuldigen sitzen, anders als Jung glaube, bereits im Grundgesetz geregelt: Die Notstandsverfassung erlaube doch „zur Abwehr einer drohenden Gefahr“ für Bestand oder Verfassungsordnung der Bundesrepublik den Einsatz von Militär.

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