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Frank-Walter Steinmeier sorgt sich um den Zusammenhalt in der Gesellschaft.

© dpa

Update

„Es muss kein Jahr sein“: Steinmeier spricht sich für sozialen Pflichtdienst aus

Die Tätigkeit könne die Demokratie und den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken. Eine neuerliche Wehrpflicht-Debatte lehnt der Bundespräsident aber ab.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier regt die Einführung eines sozialen Pflichtdiensts für junge Menschen in Deutschland an. „Ich weiß, dass es nicht einfach werden wird, aber ich wünsche mir, dass wir eine Debatte über eine soziale Pflichtzeit führen“, sagte Steinmeier der „Bild am Sonntag“. Dabei gehe es um die Frage, „ob es unserem Land nicht gut tun würde, wenn sich Frauen und Männer für einen gewissen Zeitraum in den Dienst der Gesellschaft stellen“.

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Das müsse nicht bei der Bundeswehr sein, „die soziale Pflichtzeit könnte meiner Meinung nach genauso bei der Betreuung von Senioren, in Behinderteneinrichtungen oder in Obdachlosenunterkünften geleistet werden“, führte Steinmeier aus.

Wie lange ein solcher Dienst aus seiner Sicht dauern sollte, ließ Steinmeier offen: „Ich habe bewusst Pflichtzeit gesagt, denn es muss kein Jahr sein. Da kann man auch einen anderen Zeitraum wählen.“

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[Lesen Sie zudem: Warum wir ein allgemeines Dienstjahr brauchen – oder auch nicht (T+)]

Wichtig sei, den eigenen Horizont zu erweitern und verschiedene Sichtweisen kennenzulernen. „Gerade jetzt, in einer Zeit, in der das Verständnis für andere Lebensentwürfe und Meinungen abnimmt, kann eine soziale Pflichtzeit besonders wertvoll sein. Man kommt raus aus der eigenen Blase, trifft ganz andere Menschen, hilft Bürgern in Notlagen. Das baut Vorurteile ab und stärkt den Gemeinsinn.“

Anders bei willkürlichen Eingriffen in die persönlichen Freiheiten kann ein sozialer Dienst einen persönlichen Gewinn bedeuten. Meine Kinder haben auch ohne Pflicht ein soziales Praktikum absolviert und haben dabei viel gelernt.

schreibt NutzerIn yarramalong

Paus weist Steinmeier-Vorstoß für Pflichtdienst zurück

Lisa Paus (Grünen), Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

© Annette Riedl/dpa

Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) kann dem Vorstoß von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier für einen Pflichtdienst für junge Menschen nichts abgewinnen. „Ein sozialer Pflichtdienst würde einen Eingriff in die individuelle Freiheit eines jeden Jugendlichen bedeuten“, erklärte sie am Sonntag. „Wir sollten unsere jungen Menschen, die unter der Corona-Pandemie besonders gelitten und sich trotzdem solidarisch mit den Älteren gezeigt haben, weiterhin die Freiheit zur eigenen Entscheidung lassen.„“

Paus unterstrich zugleich, dass die verschiedenen Programme für Freiwilligendienste bei Jugendlichen „sehr beliebt“ seien. „Viele junge Menschen nutzen dieses Angebot und engagieren sich, meist im sozialen oder ökologischen Bereich.“

Für den Einzelnen sei dies eine persönliche Bereicherung und für die Gesellschaft „eine wichtige Unterstützung“. Die jungen Leute engagierten sich freiwillig und seien „mit Herzblut bei der Sache“, lobte Paus.

„Rate davon ab, alte Wehrpflicht-Debatte neu aufzulegen“

Die Wehrpflicht war 2011 nach 55 Jahren ausgesetzt worden, was praktisch einem Ende des Wehr- und Zivildienstes gleichkam. Der russische Angriff auf die Ukraine löste eine neue Debatte über die Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht aus. Politiker aus Union und SPD forderten eine Diskussion über einen solchen Schritt, der Wehrdienst und soziale Dienste vereint.

[Lesen Sie zudem: Große Freiheit, um Gutes zu tun – Ein Freiwilligenjahr nach der Schule lohnt sich für viele (T+)]

Die Wiedereinführung der Wehrpflicht hält Steinmeier allerdings nicht für sinnvoll: „Ich war für die Wehrpflicht, solange es sie gab. Sie ist ausgesetzt worden, wir haben jetzt eine Bundeswehr mit ganz anderen Strukturen. Ich rate davon ab, die alte Debatte über die Wehrpflicht neu aufzulegen.“

Er erlebe aber gerade „ein wachsendes Verständnis dafür, dass sich Menschen eine gewisse Zeit für die Gemeinschaft einsetzen, dass sie sich engagieren“, sagte Steinmeier. Die Politik solle dieses Bewusstsein mit einer Debatte über die soziale Pflichtzeit aufnehmen. (dpa, AFP)

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