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Politik: Stiegler wirft „Bild“ Hehlerei vor – das Blatt wehrt sich

Experte: Details zu Bonusmeilen dürfen veröffentlicht werden / Chefredakteur fordert von Müntefering Rücknahme der Anzeige

Berlin (m.m./usi/dpa). Der Streit um die Berichterstattung der „Bild“–Zeitung über die so genannte Freiflug-Affäre hat sich am Montag verschärft. „Bild“-Chefredakteur Kai Diekmann forderte SPD-Generalsekretär Franz Müntefering dazu auf, seine Anzeige gegen das Boulevardblatt zurückzuziehen: „Wenn es dem Bundeskanzler mit seinem Bekenntnis zur Pressefreiheit ernst ist, dann muss er dafür sorgen, dass die Anzeige zurückgenommen wird – zumal er mit einer Journalistin verheiratet ist, die um den Wert der Pressefreiheit weiß“, sagte Diekmann. Nach eigenen Angaben hatte sich Müntefering vor seiner Anzeige nicht mit Gerhard Schröder abgestimmt und sie als betroffener Bundestagsabgeordneter erstattet.

Müntefering hatte seine Anzeige mit dem Verdacht des Ausspähens von Daten und des Verstoßes gegen das Datenschutzgesetz begründet. Die „Bild“-Redakteure hätten offenkundig auf illegalem Wege Kenntnis vom Status der Bonusmeilen bei den Abgeordneten erhalten. Im Gespräch mit dem Tagesspiegel wies „Bild“-Chefredakteur Kai Diekmann die Vorwürfe zurück: „Zu der Frage, wie wir zu unseren Informationen kommen, verweise ich auf Artikel fünf des Grundgesetzes. Es geht nicht darum, wie man an Informationen kommt, sondern darum, ob die Informationen stimmen.“

Christoph Degenhardt, Professor für Medienrecht an der Universität Leipzig sagte: „Die Medien sind durch die Verfassung beim Datenschutz grundsätzlich privilegiert, solange sie personenbezogene Daten ausschließlich zu eigenen journalistisch-redaktionellen Zwecken verarbeiten und nutzen.“ Die Presse sei auch dann geschützt, wenn sie Informationen oder Daten verbreite, die von dritter Seite zuvor rechtswidrig erlangt worden seien. „Bei Informationen aus dem staatlichen Bereich, bei denen es um relevante Missstände geht“, überwiege „das Informationsinteresse der Öffentlichkeit“. Ein Verfahren habe laut Degenhardt daher kaum Aussichten auf Erfolg.

Kritik am Vorgehen der Politiker äußerte auch der Deutsche Presserat. Der Datenschutz dürfe „nicht missbraucht werden zur Unterdrückung unliebsamer Nachrichten“, sagte Manfred Protze, Vorsitzender des Beschwerdeausschusses für den redaktionellen Datenschutz im Presserat.

SPD-Fraktionschef Ludwig Stiegler stellte sich am Montag hinter Müntefering. Dem Tagesspiegel sagte er: „Wir wollen aufklären, wie die geschützten Daten zur „Bild“-Zeitung gelangen konnten.“ Da stünde der Hehler nicht besser als der Stehler da. Aus Stieglers Sicht betreibe „Bild“ mit seiner Berichterstattung bewusst Wahlkampf für die CDU.

Ausführlich befasste sich am Montag der Parteirat der Grünen mit der Affäre. Außenminister Joschka Fischer ärgerte sich eigenen Angaben zufolge über die Springer-Presse, die versuche, mit gezielter Auswahl von echten und vermeintlichen Meilensündern aus dem Regierungslager die „politische Meinungsbildung durch eine Schmutzkampagne zu beeinflussen“. Parteichef Fritz Kuhn sagte dem Tagesspiegel: „Wir werben bei Springer um eine gewisse Grundfairness. Die ,Bild’-Zeitung hat sie eklatant verletzt.“

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