Koalition: Streit über Arbeitslosengeld
Die große Koalition streitet über Kürzungen beim Arbeitslosengeld II. Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) fordert stärkere Anreize zur Aufnahme von Arbeit.
Berlin - Die SPD lehnte die vom Sachverständigenrat geforderten Einschnitte dagegen erneut entschieden ab. Das Expertengremium hatte vorgeschlagen, die Unterstützung für Langzeitarbeitslose von derzeit 345 Euro pro Monat um 30 Prozent zu kürzen. Im Gegenzug sollten die Hinzuverdienstmöglichkeiten erweitert werden.
Auch Althaus betonte, die Einkommen, die sich über "Hartz IV"-Leistungen, Zuschläge und Wohnungsgeld erzielen ließen, seien oft zu hoch. Viele Menschen beschwerten sich zurecht, dass Bezieher von Arbeitslosengeld (ALG) I oder II oftmals genauso viel oder mehr Geld in der Tasche hätten wie sie selbst. Das sei "ein Missstand, den wir beheben müssen".
Es gebe genügend Arbeit, aber "zu wenig Arbeit zu Preisen, die die Unternehmen bezahlen können", sagte Althaus. Es müsse gelingen, Arbeit zu Marktpreisen zu vermitteln und nicht staatlich zu subventionieren. Althaus erinnerte in diesem Zusammenhang an sein Modell eines "solidarischen Bürgergeldes". Damit könnten alle über ein garantiertes Grundeinkommen verfügen, das aus Steuermitteln finanziert werde.
SPD widerspricht Althaus
SPD-Generalsekretär Hubertus Heil betonte dagegen, mit seiner Partei werde es keine Kürzungen beim ALG II geben. Jeder, der dies fordere, solle einmal versuchen, mit diesem Geld auszukommen. Ministerpräsident Althaus müsse sich überlegen, ob er mit seinen Vorschlägen die Interessen der Thüringer vertrete, unter denen es viele "Hartz-IV"-Empfänger gebe. Auch der SPD-Arbeitsmarktexperte Klaus Brandner mahnte, die Wirkung der jetzigen Hinzuverdienst-Regeln erst einmal abzuwarten.
Links-Fraktionsvize Klaus Ernst warf den Experten ebenfalls vor, sie hätten den Bezug zur Realität verloren. Viele "Hartz IV"-Empfänger lebten heute schon unter der Armutsgrenze. "Hochbezahlte Professoren, offenbar frei von Sachverstand und Realitätsbezug, fordern weitere Kürzungen bei den Ärmsten", kritisierte Ernst. (Von Nikolaus Sedelmeier, ddp)