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Kranzniederlegung auf der Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz in Berlin.

© DAVIDS

Anschlag vom Breitscheidplatz: Terroropfer drohen Berlin Klagen an

Hätte das Land besser auf den Anschlag am Breitscheidplatz vorbereitet sein können? Ein Anwalt, der mehrere Opfer vertritt, sagt ja und spricht von Entschädigungsforderungen in Millionenhöhe.

Von Sandra Dassler

Auf das Land Berlin und möglicherweise auch auf den Bund könnten nach dem Terroranschlag vom 19. Dezember 2016 Entschädigungsforderungen in dreistelliger Millionenhöhe zukommen. Das sagte der Berliner Anwalt Andreas Schulz am Donnerstag dem Tagesspiegel: „Die Frage ist doch, warum die Betonpoller rund um den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz erst nach dem Anschlag aufgestellt wurden und nicht vorher. Spätestens nach dem Anschlag von Nizza wäre es doch naheliegend gewesen, dies zur Sicherheitsauflage für Weihnachtsmärkte zu machen.“

Nach bisherigen Erkenntnissen müsse man davon ausgehen, dass ein Betonpoller den polnischen Lkw, mit dem der Attentäter auf den Markt fuhr, weitaus früher zum Stehen gebracht hätte, sagte Schulz. „Wenn schon ein paar Bretterbuden den automatischen Bremsmechanismus auslösten, hätte das ein Betonpoller allemal getan. Das hätte dann vielleicht einigen Leben und Gesundheit gerettet.“

Schulz, der nach eigenen Angaben mehrere Opfer des Berliner Terroranschlags vertritt, sagte, er habe bereits am 2. Januar eine Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz an verschiedene Behörden des Landes Berlin und des Bundes gestellt. Darin fragt er, ob ihnen Erkenntnisse vorlagen, dass Weihnachtsmärkte möglicherweise zum Ziel von Terroranschlägen werden könnten, ob es also entsprechende Gefährdungshinweise gab.

Schulz gilt als erfahrener Opferanwalt

„Wenn dies der Fall war, muss man die Frage stellen, ob eine sogenannte Amtspflichtverletzung durch den Veranstalter oder das Bezirksamt, das den Markt mit entsprechendem Sicherheitskonzept genehmigt hat, vorliegt“, sagte Schulz. Wenn dem Bund Terrorwarnungen bekannt gewesen wären und er diese nicht weitergegeben hätte, sei er in der Verantwortung: „Natürlich muss über eine Amtshaftungsklage am Ende ein Gericht entscheiden.“

Schulz gilt als erfahrener Opferanwalt – unter anderem für Nebenkläger im Prozess um die NSU-Mordserie. Zudem hat er Opfer des Terroranschlags in Nizza, auf Djerba im April 2002 sowie amerikanische Angehörige von Opfern des 11. September 2001 im Hamburger Al-Motassadeq-Prozess sowie des Anschlags auf die Diskothek La Belle 1986 vertreten.

Ob er jetzt auch der Anwalt eines auf dem Breitscheidplatz schwer verletzten US-Bürgers ist, wollte er aus Gründen des Mandantenschutzes nicht sagen.

USA hatten ihre Bürger Gefahr gewarnt

Die USA hatten ihre Bürger jedenfalls vor erhöhter Gefahr durch Terrorangriffe in Europa vor allem in der Weihnachtszeit gewarnt. Es gebe verlässliche Informationen, dass die Terrormiliz IS, das Terrornetzwerk Al Qaida und ihre Ableger weiter Anschläge in Europa planten, teilte das US-Außenministerium mit und forderte US-Bürger auf, besonders wachsam zu sein, wenn sie zur Weihnachtszeit Feste, Veranstaltungen und Märkte besuchten.

„Die werden ja wohl nicht nur ihre Bürger, sondern auch die deutschen Sicherheitsstellen gewarnt haben“, sagte Schulz. Verfassungsschutz und Bundesnachrichtendienst hätten ihm auf seine Anfrage bereits mitgeteilt, dass sie keine Auskunft geben. Die anderen Behörden haben für die Antwort zwei Wochen Zeit und wollten sich noch nicht äußern.

Ob Schulz selbst eine Amtshaftungsklage einreichen will, ließ er offen. Das hänge unter anderem davon ab, wie Land und Bund mit den Entschädigungen für die Betroffenen umgingen, sagte er. Auf jeden Fall sei es auch angesichts kommender Veranstaltungen wichtig, alles, was an Sicherheit möglich sei, zu tun. Das könnten statt Poller auch Polizeiautos oder andere Maßnahmen sein.

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