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Prozess gegen Männer aus dem Umfeld von Anis Amri in Berlin: Ein Angeklagter verbirgt sein Gesicht.

© dpa/Paul Zinken

Prozessauftakt in Berlin: Terrorverdächtige aus Amri-Umfeld schweigen vor Gericht

Vier Männer aus dem Umkreis des Breitscheidplatz-Attentäters Anis Amri stehen in Berlin vor Gericht. Sie sollen sich in der inzwischen verbotenen Moschee Fussilet 33 radikalisiert haben.

Von Frank Jansen

Sie sitzen in zwei Stahlkäfigen und blicken starr durch das Panzerglas. Nur in nuscheligem Ton bestätigen die bärtigen Angeklagten ihre Personalien, die der Vorsitzende Richter des 1. Strafsenats des Berliner Kammergerichts, Andreas Müller, verliest.

Auch ohne viel Fantasie ist am Donnerstag im Saal 700 des Kriminalgerichts Moabit zu vermuten, dass der Prozess gegen die vier Terrorverdächtigen aus dem Umfeld des Attentäters Anis Amri zäh werden dürfte. Die Verteidiger von Soufiane A. (22), Emrah C. (32), Resul K. (46) und Feysel H. (25) teilen auch gleich nach Verlesung der Anklage mit, ihre Mandanten würden zu den Vorwürfen nichts sagen.

Zuvor hat Staatsanwältin Eva-Maria Tombrink aufgelistet, was den vier Männern aus dem Salafistenmilieu zur Last gelegt wird. In zwei Gruppen sollen die Angeklagten Ende 2016 versucht haben, von Berlin aus zur Terrormiliz „Islamischer Staat“ zu gelangen. Um an Geld für die Reise zu kommen, sollen Soufiane A. und Feysel H. mit falschen Angaben Kredite für den Erwerb teurer Smartphones erschlichen haben, um sie weiter zu verkaufen. Tombrink erwähnt auch, ein Mittelsmann des IS habe von den Angeklagten verlangt, die Bärte abzurasieren, um unterwegs keinen Verdacht zu erregen. Dennoch scheiterten die offenbar dilettantisch geplanten Touren

Vorwurf: Unterstützung des IS

Soufiane A. wurde in Italien von den Behörden wieder nach Deutschland zurückgeschickt. In seinem Ausweis war das Verbot eingetragen, die Bundesrepublik zu verlassen. Genauso erging es Feysel H. in Kroatien mit seinem ebenfalls beschränkten Personaldokument. Emrah C. und Resul K. hingegen gelangten nach Istanbul. Dort sollen sie jedoch von einem Rückkehrer aus dem IS-Gebiet derart schaurige Geschichten gehört haben, dass sie ebenfalls die Heimreise antraten.

Laut Anklage gelang es Soufiane A. jedoch, einen weiteren Mann aus Berlin zum IS zu schleusen. Die Staatsanwältin hält allen vier Angeklagten vor, die Terrormiliz unterstützt und eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet zu haben. Feysel H. soll zudem in der Untersuchungshaft mehrmals Justizvollzugsbedienstete attackiert haben.

Sympathisanten im Zuschauerraum

Die Männer waren nach Erkenntnissen der Generalstaatsanwaltschaft der Fussilet-Moschee zuzurechnen. Hier hatte auch Anis Amri verkehrt - zuletzt sogar am 19. Dezember 2016, eine Stunde vor der Todesfahrt mit dem Lkw in den Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche. Im Februar 2017 verbot Innensenator Andreas Geisel (SPD) den Moscheeverein „Fussilet 33“. Im Monat zuvor hatte die Polizei Soufiane A., Emrah C., Resul K. und Feysel H. festgenommen.

Die Angeklagten genießen offenbar weiterhin Sympathien in der Salafistenszene. Im Zuschauerraum sitzen am Donnerstag mehrere Männer mit Vollbart und, wohl betont abseits, Frauen mit Kopftuch. Die Männer winken den Angeklagten zu. Einer der Zuschauer ist sogar vergleichsweise prominent. Bernhard Falk hat einst als linksextremer Terrorist zwölf Jahre im Gefängnis gesessen, heute tritt er als Betreuer islamistischer Häftlinge auf. Bei größeren Prozessen gegen Salafisten ist Falk inzwischen Stammgast. Im aktuellen Verfahren könnte das bedeuten, dass er noch im Hochsommer in Berlin aufläuft. Das Kammergericht hat bis Ende August 36 Verhandlungstage festgesetzt.

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