Kriminalitätsdebatte: Türkische Gemeinde bittet Köhler um Hilfe
Der Bundespräsidenten soll in die Debatte um Jugendgewalt eingreifen. Viele Menschen hätten wieder Angst vor Anschlägen wie in den 90er Jahren, beklagen die Gemeinden in einem Brief.
"Kaum sind Wahlen in Sicht, versuchen manche Politiker eigene Versäumnisse auf die Schwächsten dieser Gesellschaft abzuwälzen", schreibt Gemeindevorsitzender Kenan Kolat in dem Brief, aus dem die "Netzeitung" zitierte. Mit Blick auf den hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) beklagte Kolat, Politiker schürten "die vorhandenen Vorurteile und missbrauchen die Fragen des Strafrechts und Einwanderungsrechts für plakative Botschaften". Kolat appellierte an Horst Köhler, der Diskussion Einhalt zu gebieten. "Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie sich in die Diskussion einbringen und mahnende Worte finden könnten, weil wir nach dieser Debatte wie in den 90er Jahren Angst vor Anschlägen und Übergriffen haben", zitierte die "Netzeitung" aus dem Schreiben. Die Jugendkriminalität sei auch Ergebnis verfehlter Sozial- und Integrationspolitik. Hier müsse die Politik Defizite beseitigen. Vor allem müsse sich das politische Klima in Deutschland ändern, forderte Kolat. Menschen mit Migrationshintergrund müssten das Gefühl bekommen, "dass sie als ein Teil der bundesdeutschen Gesellschaft anerkannt sind".
Unterstützung erhält Koch vom Vorsitzenden des "Rats der Türkischen Staatsbürger in Deutschland", Yasar Bilgin. Es sei absurd, "ausgerechnet Koch als Hetzer zu bezeichnen, der weit mehr als die meisten Sozialdemokraten für Chancengleichheit von Ausländern getan hat", sagte Bilgin der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Der Rat steht für 2500 türkische Vereine in Deutschland. Bilgin, der die türkische und deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, ist Mitglied des hessischen CDU-Landesvorstandes. (mpr/AFP/ddp)